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Libertäre Rundschau

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Kurt Kowalsky:

Was unbescholtene Mädchen am Waldesrand mit halbautomatischen Langwaffen zu tun haben

- Ein Drama in dritten Strophen -

Jägerlatein»Ein Jäger aus Kurpfalz, / Der reitet durch den grünen Wald, / Er schießt das Wild daher, / Gleich wie es ihm gefällt«, heißt es in der ersten Strophe eines deutschen Volkslieds.

Ab der dritten Strophe trifft der Jäger dann eine Maid, zeugt mit ihr ein Kind, welches die 18-Jährige einem anderen andichten wird. Gar lustig soll die Jägerei sein.

Hoffmann von Fallersleben verfasste 1844 eine Parodie von diesem Lied und schrieb: »Dann stoßen wir auch an, / auch auf die deutsche Freiheit an, / und unsre Polizei / sitzt fröhlich mit dabei.«

Für die Jüngeren unter uns: Hoffmann von Fallersleben ist derjenige Oberlehrer, der die Lieder »Alle Vögel sind schon da«, »Ein Männlein steht im Walde« oder »Morgen kommt der Weihnachtsmann« geschaffen hat. Die dritte Strophe eines seiner Lieder wird heute als Nationalhymne gesungen.

Also, liebe Freundinnen und Verursacher des fröhlichen Gejauchzes, jetzt mal alle zusammen eine dieser dritten Strophen:

»Was sie uns verkünden nun, nehmen wir zu Herzen:
Wir auch wollen lustig sein, lustig wie die Vögelein,
hier und dort, feldaus, feldein, singen, springen, scherzen.«

Damit, liebe Politessen und Männer des Geheimdienstes, wollte ich beispielhaft verdeutlichen, dass die dritten Strophen von von Fallerslebens Liedern eine eigenständige Aussage haben, und ich wollte auf keinen Fall die Hymne der Bundesrepublik Deutschland verunglimpfen. Sollten Sie in Durchsetzung des § 90a StGB vorgehabt haben, morgen mir die Tür einzuschlagen und meinen Computer beschlagnahmen zu lassen, schlagen Sie lieber vorher bei von Fallersleben nach.

Das Lied der Deutschen schrieb von Fallersleben aufgrund seiner Meinung, dass die Franzosen »tolle Hunde« und »die Scheusale der Menschheit« wären. Die deutschen Untertanen hatten jedoch noch richtig Glück gehabt, dass die Herren Adenauer und Heuss 1952 nicht die dritte Strophe eines der von von Fallersleben auch geschaffenen antijüdischen Lieder verwendet haben. Denn von den Juden forderte der Literat nur die Kleinigkeit, sie möchten von ihrem Gott Abstand nehmen.

Nach heutigen Maßstäben war der Dichter ein Rechtsaußen. Von Fallersleben wollte das »Fremde« verbannen und wünschte ihm Fluch und Vernichtung.

Schade jetzt, liebe Bildungsbürgerinnen und pränatale Widerstandskämpfer, dass Ihnen niemand diese Zusammenhänge früher erklärt hat, dann hätte die Brüderlichkeit, mit der Sie im Deutschlandlied inbrünstig die Einigkeit, das Recht und vor allen Dingen die Freiheit besungen haben, einen fahlen Beigeschmack bekommen.

Zugegeben, hätte man als Nationalhymne die oben zitierte dritte Strophe von »Alle Vögel sind schon da« gewählt, hätte ich die Angelegenheit hier nicht thematisiert.

So aber ist das gesamte Lied in seinem Ursprung als Abgrenzung gegen die französischen Scheusale zu verstehen. Und ein solches Denken kostete Frankreich und Deutschland die »Kleinigkeit« von über 4,8 Millionen getöteten Zivilisten und Soldaten durch die Kriege bis 1918.

Von flüchtenden Syrern und eingewanderten marokkanischen Sittenstrolchen und Taschendieben war damals allerdings noch nicht die Rede. Die Scheusale ändern sich, die Jäger bleiben die Alten.

Ich komme vom Waldweg ab. Eigentlich wollte ich die Schutzlosigkeit von (unbewaffneten) 18-jährigen jungen Frauen gegenüber den bewaffneten Mannsbildern, welche sich Jäger nennen, skizzieren. Obwohl von Fallersleben mit 51 Jahren seine 18-jährige Nichte geheiratet hat, ist nicht überliefert, dass dies mit den althergebrachten kurpfälzischen Jagdmethoden in Zusammenhang steht. Der nationalistische Dichter hat nur mit der Polizei gesoffen oder zumindest davon geträumt, mit der Polizei auf »die Freiheit« anstoßen zu können.

Aber Sie erkennen hoffentlich, liebe Staatsbürgerinnen und Mannsbilder, dass in dieser Hinsicht ordnungspolitischer Bedarf besteht. Wo ist eigentlich die Polizei, wenn bewaffnete Männer im tiefen Wald auf 18-jährige hilflose Maiden treffen? Und wie kann es sein, dass 51-jährige polizeibekannte Männer ihre Nichten heiraten dürfen? Ich komme darauf zurück.

In der Zwischenzeit, also neulich, hat Katja Triebel auf der Internetseite »eigentümlich frei«1 berichtet, dass irgendwelche Jäger in Nordrhein-Westfalen Schwierigkeiten mit der Behörde bekommen hätten, als sie ihre halbautomatischen Langwaffen mit wechselbaren Magazinen registrieren lassen wollten.

Da ich persönlich der Auffassung bin, dass man mit einem Attentat auf einen Repräsentanten dieses Staates nichts – oder sogar das Gegenteil bewirken würde, nämlich eine Beschleunigung des heraufziehenden Sozialfaschismus, besitze ich selbst keine halbautomatische Langwaffe.

Jäger benutzen diese Dinger aber für das Waidwerk. Bereits das Halten von Hühnern in Stadtwohnungen ist recht umständlich. Wenn ich mir das Fleisch auch noch selbst schießen müsste, würde ich wohl nur noch Eierpfannkuchen essen.

Die von der Behörde reglementierten Jäger, geht aus dem Bericht von Frau Triebel hervor, gingen nun (unbewaffnet) zum Rechtsanwalt und dieser sagte vermutlich: »Das gewinnen wir!«

Das stimmte auch ausnahmsweise. Doch die Behörde ging in Revision, und das Bundesverwaltungsgericht machte dem Treiben ein Ende. Der Schuss ging zudem nach hinten los und verböserte sich zur rechtsstaatlichen Raffinesse. Denn jetzt berufen sich nahezu alle Landesbehörden einheitlich auf dieses Urteil.

Fazit: Der Jäger an sich schießt, wie auch die Angehörigen von Schützenvereinen, nicht »gleich, wie es ihm gefällt«, sondern wie es der Herrschaftsapparat gnädig gestattet.

Ich schreibe hier kein Wort umsonst. Man sitzt also nicht fröhlich mit der bewaffneten Polizei zusammen und stößt auf die Freiheit an, sondern diese wird im Zweifel eines Tages auch die Waffen der Jäger konfiszieren.

Sie erinnern sich? »Was sie uns verkünden nun, nehmen wir zu Herzen«, der Rechtsstaat will nicht lustig sein und möchte auch nicht scherzen.

Dabei sind diese Polizisten keine fremden, verabscheuungswürdigen Scheusale, sondern deutschen Brüder, mit denen wir uns doch einig sein sollten. Reden Sie mal mit einem und fragen Sie ihn, in welchem Auftrag er handelt, vorausgesetzt, Sie haben ihn nicht selbst gerufen.

Liebe Waidmannsweiber und -männer, Sie sollen ja so eine tragische Vergangenheit haben. Gab es nicht in den vergangenen 25 Jahren 25 Schulmassaker, in welche Jäger verwickelt waren? Nein, Sie brauchen erst gar nicht zu versuchen, mich mit Fakten widerlegen zu wollen. Dass es in den letzten 25 Jahren irgendwelche Schulmassaker gegeben hat, ist ja wohl unbestritten. Und Jäger gab es in dieser Zeit auch. Also! Es ist eine Verhöhnung der Opfer, an dieser Stelle mit Statistiken aufrechnen zu wollen.

Sorry! Lassen Sie sich nicht von mir provozieren, ich neige zu Übertreibungen. Ich wollte nur verdeutlichen, dass sich das Herrschaftssystem des Demokratismus noch nie auf historische Fakten gestützt hat. Gefühlte Stimmungen reichen für die Politiker vollkommen aus, ihren eingeschlagenen Kurs auch um 180 Grad zu wenden.

Ich erinnere die CDU-Anhänger an die Atomenergiepolitik der Physikerin Merkel, erinnere die CSU-Anhänger an die Ostpolitik des angeblichen Kommunistenfressers Strauß, die SPD-Jagdgenossen an die Mehrwertsteuer-Erhöhungsverweigerungspolitik und die sogenannten Liberalen an das Steuerreformversprechen des Herrn Westerwelle. Und ich erinnere die »pazifistischen« Grünen an ihre Zustimmung zum ersten Angriffskrieg der Bundesrepublik Deutschland nach 1945. Also, Charakter ist wohl für so einen Parteigänger eher hinderlich.

Warten Sie also ab. Spätestens dann, wenn irgendein Verrückter wieder irgendwo Amok läuft und die sensationslüsternen Medien dieses Geschehen mit einem Jäger oder einer Jagdwaffe in Zusammenhang schmieren. Dann wird die Politik zum Rundschlag ausholen und die letzten Reste des privaten Waffenbesitzes bis zur Unkenntlichkeit eindampfen. Wenn nicht beim nächsten, so beim übernächsten Vorfall.

Nein, das ist nicht meine düstere Prognose, welche besonders schwierig wäre, weil sie die Zukunft betrifft. Das ist die logische Folge der Herrschaftsform des Demokratismus, dessen an die Macht geschwemmten Protagonisten sich keinerlei Vorteil davon versprechen, Menschen so leben zu lassen, wie es ihnen gefällt. Dies ist einerseits durch das Wesen des Herrschaftssystems selbst bedingt – auch ein sanfter Elefant im Porzellanladen bleibt ein Elefant -, anderseits durch die zwangsläufige Infiltration des Politischen mit Soziopathen erklärbar.

Das heißt, mancher in die Kamera lächelnde Politiker hat eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, welche nicht therapierbar ist. Er ist unfähig, sich in andere hineinzuversetzen, hat weder ein Schuldbewusstsein, noch kann er aus Erfahrungen lernen. Auch die meisten überführten Serienkiller galten in ihrer Nachbarschaft als freundliche Menschen und waren teilweise recht beliebt.

Die klammheimliche Freude am Töten, Verletzen, Schikanieren und Drangsalieren ist ein Wesenszug dieser Gestörten. Folglich sucht man ständig Anlässe, um neue Schikanen begründen zu können. Die Anordnung zum Beispiel, älteren Damen am Flughafen vor dem Flug das »Kölnisch Wasser« zu konfiszieren, soll es bereits als »Pornofilm« für Perverse geben.

»Besonders auffällig ist das flache Gefühlsleben von Soziopathen, der hohle und flüchtige Charakter von Gefühlen der Zuneigung, die sie zur Schau stellen, und eine frappierende Gefühlskälte«, schreibt Martha Stout in »Der Soziopath von nebenan. Die Skrupellosen: ihre Lügen, Taktiken und Tricks« (Wien/New York 2010).

Jeder kann sich also selbst überlegen, in welchen Positionen von Politik, Staat und Verwaltung sich Soziopathen die meiste Befriedigung verschaffen können. Und jeder kann sich überlegen, wie oft er im Leben etwas anderen Menschen ausdrücklich versprochen hat und unmittelbar danach dann genau das Gegenteil tat. Ist Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein solches Verhalten fremd, haben Sie den gravierenden Unterschied zu den Figuren, welche das Land beherrschen, erkannt.

»Scheinbar hat die spätetatistische Gesellschaft«, so Stefan Blankertz, »den Widerspruch zwischen Konformität und Individualität aufgelöst. Denn er basiert auf der Vorstellung, die Gesellschaft habe die Aufgabe, die Bedürfnisse der einzelnen Mitglieder zu befriedigen. Der Individualität wäre demnach am besten gedient, wenn sich das Individuum vollständig in die Hand des staatlichen Netzwerkes begibt.«2

Der Gang zum Rechtsanwalt ist dann auch der erste Schritt, um im Gestrüpp des staatlichen Netzwerks (Abteilung Justiz), zur Bevormundung noch die Demütigung zu kassieren. Das mag Ihnen, verehrte Jäger, noch nicht bewusst sein. Denn auch im Fall der halbautomatischen Langwaffen wollten Sie sich ja nur gegen ein bürokratisches Verfahren einer einzigen Landesbehörde zur Wehr setzen. Doch man hat Ihre Klage zum Anlass genommen, Sie erst richtig fertigzumachen.

»Die Rechtslage wäre einwandfrei«, heißt es dann auch im Artikel von Frau Triebel. Tatsächlich ist die Rechtslage auch einwandfrei, nur nicht so, wie die übergroße Mehrheit der Bevölkerung das versteht. Denn das Gesetz ist nicht Ausdruck eines Willens, welchen der Bürger mittels Wahl seinem Volksvertreter auferlegt hat, sondern eine von den Machthabern gesetzte Norm, welcher er selbst – und nur er – jederzeit ändern, jederzeit interpretieren und nach Belieben auslegen darf. Da können anerkannte Rechtsgelehrte Gesetze wie auch immer kommentieren. Irgendwann schreibt ein Bundesgericht in ein Urteil »entgegen der in der Literatur vertretenen Auffassung« ist das so oder so. Doch damit nicht genug. Jahre, Jahrzehnte später schreibt eine andere Kammer genau wieder das Gegenteil – und basta. Und stets haben sich alle zu fügen. Das Gesetz ist Ausdruck des Subordinationsverhältnisses, also der Unterordnung, welche der Staat mittels Gewaltmonopol bedingungslos einfordert.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es allein über 2.000 Bundesgesetze mit über 45.000 Paragrafen. Dazu kommen die Rechtsverordnungen und die Landesgesetze von 16 Ländern. Schreiben Sie mir, wenn Sie der Auffassung sind, dass irgendein im Wahlkampf schwatzender Politiker mit Ihnen persönlich als Wähler die nächste Gesetzesvorlage abgesprochen hat.

Wenn meine überschlägige Rechnung stimmt, benötigt so ein durchschnittlicher Direktkandidat in einer Bundestagswahl bei durchschnittlicher Wahlbeteiligung etwa 60.000 Stimmen, um das Mandat zu gewinnen. Was glauben Sie, verführte Demokratinnen und Demokraten, an welche Willensäußerung seiner Wähler sich ein solcher Kandidat nach der Wahl noch erinnern kann? Dabei sind die Abgeordneten, welche über die Liste gewählt werden und in der Regel den Wählern völlig unbekannt sind, noch gar nicht thematisiert.

Halten Sie aber für einen Augenblick inne, bevor Sie mir an der falschen Stelle Beifall spenden. Ich möchte nämlich nicht, dass Sie in den Chor der Millionen einstimmen, welche das Lied der Verlogenheit der Politik brummen. Vom Brummen der falschen Refrains zum Horrido für eine neue, bessere Partei, welche auch »die Interessen des Volkes« vertritt, ist es nur ein kleiner Schritt. Aber dieser ist ein gewaltiger, und zwar ins selbe Unterholz, in dem die Politikverdrossenen bereits die etablierten Parteien vermuten. Und so kommt das neue Wildschwein eines Tages aus dem Unterholz, wendet sich um 180 Grad und verkündet, dass die Jagd nun zu Ende sei.

Ja, liebe Freunde der gezielten Jagd, derartige Umkehrungen der Verhältnisse sind Sie nicht gewohnt. Der Staat würde Derartiges unter Ihresgleichen auch nie zulassen. Wer »Rehrücken mit Preiselbeeren« anpreist, darf nicht anschließend »Ratte mit altem Brot« zum doppelten Preis servieren.

»Oh«, sagt der parlamentarische Gastwirt, »das ist alles rechtens. Der Koch und die Küchenhilfe haben gestern demokratisch in der Küche abgestimmt.«

Doch es scheint jedem so, dass der gesunde Menschenverstand gleichmäßig verteilt wäre. An den tatsächlichen und virtuellen Stammtischen bekommen alle ihre Meinung ja auch sicher bestätigt. Da gewinnt man schnell den Eindruck, man wäre so etwas wie Volk. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

Sicherlich! Doch rufen Sie mal einen etwas komplizierteren Satz. Zum Beispiel diesen: »Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 1. April 2016 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte bei der Neubescheidung die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat ...« Alles klar? Holari, Didudeldie, Holadjo, Didudeldo.

Zurück zu den halbautomatischen Langwaffen: Trifft der Jäger im Wald die 18-jährige Maid, so sollten der Schuss zwischen ihre Beine, wie es im Lied frivol angedeutet wird, auf Grundlage einer freiwilligen Kooperation und nur auf dieser geschehen. Eine Selbstverständlichkeit? Oder nicht?

Die Maid 18 Jahre, der Jäger 21, 31, 41, 51 Jahre alt. Was, wenn die Maid 17, 16 oder gar erst 15 ist? Gibt es freiwillige Kooperation zwischen einer 15-Jährigen und einem 51-Jährigen im Wald und ohne Zeugen?

Es gibt sie, und zwar millionenfach, und dies täglich, nämlich zwischen den Töchtern und den Vätern, zwischen den Schülerinnen und den Lehrern usw. Für Sie, liebe Leser, ist sie also eigentlich Alltag.

Doch ich habe die Angelegenheit auf eine Ebene (hinunter[?]-)gezogen, auf der Sie meinen, dass hier irgendwo eine Grenze zu ziehen wäre. Nur sind Sie sich jetzt bei der praktischen Grenzziehung nicht mehr so sicher. Denn wenn Sie meinen, mit 18 Jahren wäre die Maid volljährig, rufe ich in Erinnerung, dass vor 1876 in vielen deutschen Landen die Volljährigkeit bei 25 Jahren lag, dann auf 21 und erst 1975 auf diese 18 Jahre gesenkt wurde.

Tatsächlich haben Sie allesamt die »freiwillige Kooperation«, welche Sie eben noch als Selbstverständlichkeit betrachteten, verlassen. Sie sitzen, liebe Pfarrerstöchter und Sittenwächter, bereits am Stammtisch und machen einen derart langen Hals, dass Sie das Tatgeschehen im dunklen Wald zwischen der Maid und dem Jägersmann genauestens verfolgen können. Der Jäger und die Maid haben nun nichts mehr zu melden. Sie entscheiden jetzt mit Ihrem gesunden Menschenverstand, was sich da abspielt.

Und wären Sie nicht zivilisiert, das heißt, der Gewaltmonopolist Staat zwänge Sie nicht, unter Androhung drakonischer Strafen, auf Selbstjustiz zu verzichten, würden Sie bereits den Waldweg hochrennen, um diesem alten Sack die Eier abzuschneiden. Und wäre diese 15-jährige Maid Ihre Tochter (»Paps, ich liebe ihn!), welche noch nicht einmal in der Lage ist, ihr Zimmer aufzuräumen, letzte Woche in Mathematik eine Fünf geschrieben hat, würde aber der Herr Vater das Töchterlein zur Vernunft zu schütteln versuchen.

Klappe! Schnitt! Halbautomatische Langwaffen – die zweite!

Hinz und Kunz haben keine Vorstellung davon, wie schwierig die deutsche Jägerprüfung ist. Die meisten Bürger haben vielleicht mal auf der Kirmes mit einem Luftgewehr eine Rose schießen wollen. Dass man ohne Training mit einer scharfen Pistole meist noch nicht einmal die Kombatscheibe, geschweige denn die aufgemalte Figur trifft, werden die Laien nicht glauben wollen. Trifft doch im Film die Kugel stets dort ins Schwarze, wo sie laut Drehbuch treffen soll.

Ich verzichte deshalb darauf, Sinn und Zweck von halbautomatischen Langwaffen für Jäger zu erörtern, was im Kontext dieses Besinnungsaufsatzes auch vollkommen irrelevant ist.

Die jetzige Bevormundung des Staates, bezüglich der halbautomatischen Langwaffen, empfinden Jäger als willkürlich, idiotisch und schmerzlich. Nun, die paar letzten natürlichen Zähne, die man ihnen noch nicht gezogen hat, werden vermutlich auch bald fällig sein. Und wie mit der Maid, ist ihre Haltung auch diesbezüglich ambivalent.

Bis weit ins Mittelalter hinein hatte jeder freie Germane das Recht zu jagen. (Ich vermute, dass solche Zustände heute dem Deutschen Jägerverband überhaupt nicht gefallen würden.)

Durch die zunehmende Okkupation der freien Ländereien durch den Adel wurde dieses Recht entzogen und unter Strafe gestellt. Die Folge davon war die Jagdwilderei. Der heutige Strafrahmen ist dann auch angelehnt an ähnliche Eigentums- und Vermögensdelikte. Ich bin glücklicherweise nicht hungrig. Doch würde ich in der Not den Diebstahl eines Spanferkels aus dem Stall des nächsten Bauern vorziehen. So eine kleine geklaute Sau kann man im Zweifel auch lebend im Einkaufskorb nach Hause tragen. Nur wüsste ich nicht, wie man so ein Ferkel schlachtet. Vielleicht sollte ich deshalb lieber Kartoffeln klauen.

Aber das nur nebenbei. Der Jagdwilderer wurde schnell zum schweren Verbrecher, denn bei der Konfrontation mit einem ebenfalls bewaffneten Förster oder Jagdaufseher war im Zweifel einer der beiden dann tot. Auch diesbezüglich sind die Kartoffeldiebe eindeutig im Vorteil. Die Romantik der Wilderei entstand in erster Line aufgrund des Kampfes bevormundeter Bürger gegen die Obrigkeit, welche die Wilderer stellvertretend führten.

Zum Gedenken an den gemutmaßten Wilderer Georg Jennerwein hier wieder eine dritte Strophe:

Auf hartem Stein hat er sein Blut vergossen,
Am Bauche liegend fand man ihn,
Von hinten war er angeschossen,
Zersplittert war sein Unterkinn.
3

Bevor uns nun alle der Teufel holt, möchte ich auf die fatale Systematik der beschriebenen Ordnung und ihre Widersprüche hinweisen. Am Anfang steht nicht der von der Gemeinschaft verachtete Unhold, Bösewicht und Schwerstverbrecher, sondern die gewaltsame Okkupation gemeinfreier Ländereien. Eine solche Inbesitznahme nutzt in erster Annäherung wenig, denn man kann auf Dauer einen Wald nicht Tag und Nacht bewachen. Darauf folgt eine vom Beherrscher des Landes gesetzte Ordnung, welche festsetzt, wer, unter welchen Umständen, zu welchen Bedingungen noch jagen darf und wer nicht. Die nicht gottgegebene, somit natürliche, sondern von Gewalttätern erzwungene Ordnung ist nun Recht, dessen Übertretung sanktioniert wird. Wer aus diesen Rechten Vorteile erlangt, so auch der Jagdaufseher oder der Denunziant, geht also aus rationalen Gründen in der Regel konform mit dieser Ordnung. Diverses intellektuelles Gesindel bis hinunter zum Lehrer und Pfarrer, welches ebenfalls vom Fürsten abhängig ist, dichten dem vorangegangenen willkürlichen Gewaltakt eine Legitimität an.

Das Handeln der jeweiligen Personen wird von nun an im Rahmen dieser Ordnung beurteilt und – o wundersame Fügung von Macht und Herrlichkeit – die gesetzte Ordnung schreibt den justiziellen Prozess vor und verbietet, das Zustandekommen der Ordnung selbst und ihre Widersprüche zu thematisieren. Sprich: Man benötigt einen vom Ordnungsgeber ausgebildeten Rechtsbeistand, welcher die Sprache des Ordnungsgebers beherrscht und weiß, welche Rede vor dem vom Ordnungsgeber gestellten und bezahlten Richter zumindest angehört wird und was als nicht sachgerechtes Gestammel von vorneherein nicht zugelassen würde.

Aus diesem einfachen Grunde haben im Jahre 2016, also fünf-, sechshundert Jahre später, nicht irgendwelche Jäger den hohen Richtern beim Bundesverwaltungsgericht ihr Anliegen erklärt, sondern ein speziell ausgebildeter und zugelassener Rechtsanwalt versuchte, den Standpunkt der Jägerschaft dem ehrenwerten Gericht zu verdeutlichen.

Man stelle sich analog vor, der Herr Gerichtsrat benötigt in seinem Eigenheim die Dienste eines Installateurs. Doch der Handwerker spricht nicht mit dem Auftraggeber, sondern weist dessen Hinweise als »unqualifiziert mangels Fachkompetenz« ab. Möchte also der Herr Gerichtsrat dem Installateur verdeutlichen, wo im Haus sich die Waschräume befinden und an welcher Stelle es tropft, hat er einen vom Installateur ausgebildeten Fachmann zu beauftragen, der dem Installateur sagt, wo sich das Scheißhaus befindet und wo die Kacke überläuft.

Oben schrieb ich: Das Gesetz ist Ausdruck des Subordinationsverhältnisses, also der Unterordnung, welche der Staat mittels Gewaltmonopol bedingungslos einfordert.

Ob der Bauer im Mittelalter als Wilderer kategorisiert wurde, weil er plötzlich im angrenzenden Wald keinen Hasen mehr fangen durfte, aber es trotzdem tat, oder das Bundesverfassungsgericht den heutigen Jägern die halbautomatischen Langwaffen verweigert, ist dem Grunde nach nicht unterscheidbar.

Nicht Maid und Jäger, wie im ersten Akt des Dramas, kooperieren freiwillig und zum gegenseitigen Vorteil – oder eben nicht, sodass es ein Opfer gibt, welches vom Täter Kompensation des erlittenen Schadens verlangen kann. Sondern der sich den Menschen aufgezwungene Ordnungsgeber und Richter ändert oder interpretiert seine Ordnung plötzlich anders, zum Nachteil des Ordnungsnehmers. Es gibt bei den halbautomatischen Langwaffen keine Opfer, niemand wird geschädigt. Nur die uminterpretierte, gesetzte Ordnung gilt es zu heiligen.

Pathologisch wird die Angelegenheit aber erst dann, wenn man diese Demütigungen nicht als solche erkennt, sondern meint, es wäre nach dem Grundsatz »einmal fängst du den Bären, ein anderes Mal nicht« lediglich eine Niederlage, welche man sportlich zu nehmen hätte.

Der Grundsatz zwischen Ordnungsgeber und Ordnungsnehmer heißt nämlich tatsächlich »Einmal fängst du den Bären, ein anderes Mal fängt er dich« und damit ist das sportliche Spiel abrupt zu Ende.

Anders ausgedrückt, ein weiterer Zahn ist gezogen. An der Vergangenheit gemessen, wurde der private Waffenbesitz in etwa dem gleichen Umfang reglementiert und eingeschränkt, wie die staatlichen Organe aufgerüstet haben. Wenn der Jäger oder Sportschütze morgen in seiner Wohnung überfallen wird, ist er, vorausgesetzt, er verwahrt seine Schusswaffen entsprechend den Vorschriften ordnungsgemäß auf, so hilflos und unbewaffnet, wie eine gebrechliche, alte Frau. Der Gesetzgeber hat offensichtlich kein Interesse daran, dass sich Bürger selbst verteidigen. Das Individuum hat sein Schicksal und damit seine Freiheit dem staatlichen Netzwerk auszuliefern.

Meine anarchistischen Freunde vertreten wohl teilweise die Ansicht, dass der Staat die Bürger nur deshalb entwaffnet, damit der Vollstrecker des Finanzamts gefahrlos sie nötigen und enteignen könne. Doch das ist eine Verkennung gewaltmonopolistischer Strukturen im Allgemeinen und eine Verharmlosung des Systems der offenen Macht, also des Demokratismus, im Besonderen.

Sie, liebe Jägerinnen und Jäger der verlorenen Rechte, sitzen nun an dem bereits erwähnten Stammtisch, an dem Sie noch aufgrund diverser moralischer Ungewissheiten neulich einen langen Hals gemacht haben, und regen sich furchtbar über diese Gesetzgebung und Rechtsprechung auf. Noch ist der Rechtsweg nicht ausgeschöpft, hat man Ihnen gesagt. Und geht man bis vor den Europäischen Gerichtshof, kann man noch ein paar Jahre schöpfen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt.

Dass Sie so frei reden dürfen, wo Sie doch zu wissen glauben, dass unter einem anderen Regime Sie nichts sagen dürften, weil sonst morgen früh, anstatt des Milchmanns, die Männer mit den dunklen Sonnenbrillen klingeln würden, verwirrt Ihr Empfinden.

Die Wurzeln dieser Empfindungsstörungen reichen weit zurück. Auch Sokrates durfte ›schwätzen‹. Er hatte seinerzeit vor dem attischen Gericht »nach Recht und Gesetz« für eine Geldstrafe plädierte, um dann nach »Recht und Gesetz« zum Tode verurteilt zu werden.

Dieses Ritual, schrieb ich an anderer Stelle, dass die Ausgelieferten nochmals frei ihre Meinung äußern dürfen, ist bis zum heutigen Tage eine besonders perfide Schimäre übermächtiger Henker.

Auch nach seiner Verurteilung lehnte Sokrates eine Flucht, welche wohl möglich gewesen wäre, mit der Begründung ab, wenn Urteile nicht befolgt würden, verlören Gesetze ihre Kraft. Schlechte Gesetze müsse man ändern, aber nicht mutwillig übertreten, so der Philosoph. Den Widerspruch, dass wenn ein böswilliger Ankläger Mehrheiten bekommen kann, er mit der gleichen böswilligen Intension auch schlechte Gesetze verabschiedet bekommt bzw. bereits verabschiedet bekam, erkannte Sokrates wohl nicht.

Lesen Sie obigen Abschnitt noch einmal durch, liebe Jägersfrauen und -männer. Er gibt Ihrem Glauben, durch politische Einflussnahme nachhaltig Ihre Situation verbessern zu wollen, den Fangschuss. Wie lautet in der dritten Strophe von Goethes Ballade die Verheißung des Erlkönigs? »›Du liebes Kind, komm, geh mit mir! / Gar schöne Spiele spiel’ ich mit dir‹«. Lesen Sie auch diese Ballade zu Ende. Das Kind spricht im Fieber und es ist am Ende der letzten Strophe tot. Genauso tot wie die Hoffnung, durch das Erzeugen von Öffentlichkeit die politischen Machthaber zu einem Sinneswandel bewegen zu können.

Deutschland hat nicht nur eines der strengsten Waffengesetze dieser Welt, es repräsentiert auch einen signifikant hohen Bevölkerungsanteil, der an Verhältnisblödsinn erkrankt ist und meint, sich diesbezüglich moralisch investieren zu müssen, d. h. sich in die Angelegenheiten anderer Menschen einmischen zu dürfen.

So spricht man Tieren ein Recht zu, welches sie selbst sich nicht zubilligen. Jagen ist in den Augen dieser Aktivisten Morden. Ein Reh hat im deutschen Wald, wenn es unbedingt sein muss, an Altersschwäche zu sterben, aber nicht durch die Hand eines Jägers. Ein Schwein darf nicht geschlachtet und Kühe nicht zum Zwecke der Milchproduktion gehalten werden. Jäger, Metzger und Fleischesser werden öffentlich mit den Massenmördern der Konzentrationslager im Nationalsozialismus gleichgestellt. Doch das Schlimmste ist, dass der Rest der Bevölkerung annimmt, derartige Forderungen wären irgendwelche Auswüchse radikalisierter Spinner.

In Internetforen der Jäger werden dann auch immer wieder entsprechende Politiker der Grünen gebrandmarkt. Täuschen Sie sich nicht, alle etablierten Parteien tendieren in die vorgezeichnete Richtung. Denn jeder Blöde ist einer Partei willkommen, was bei psychiatrischen Heilanstalten nicht der Fall ist.

Ich als alter Kampfraucher sitze bereits morgen wieder als Scheusal in einer Planungssitzung. Und gehe ich vor die Tür, begafft man mich, als wäre ich ein Hakenkreuz schmierender Brandstifter, der ein Flüchtlingsheim angezündet hätte. Nur mein persönlicher Status im Geschäftsleben hindert die anderen Trockennasenaffen daran, gegen mein Verhalten lautstark zu geifern.

Ich bin umvolkt von Gesellschaftsangehörigen, welche aus einer Mischung von Angst und Verhältnisblödsinn irgendwann einmal gerne glauben wollten, dass Tabakrauch gefährlicher sei als Dieselruß. Wer es glaubte, fand sich plötzlich konform mit den anderen Gläubigen. Noch wagt man es nicht, Raucher auf die Stufe von Heroinsüchtigen zu stellen. Aber dieser Tag wird so sicher kommen wie der, dass es keinen Jagdsport mehr gibt. Es gibt ja auch keinen Metzgersport, um in der Logik dieser Gutmenschen zu bleiben.

Sie, liebe Jäger, werden irgendwann mit Luftgewehren auf Pappplakate mit aufgezeichneten Hirschen schießen. Und in den Wäldern gibt es dann noch Wild wie in den zoologischen Gärten Eisbären.

Die politisch-juristische Klempnerei, welche die Menschen und ihre Interessenverbände seit Bestehen dieses Staates betrieben, führte in den letzten 60 Jahren dazu, dass jeder Aspekt des zivilen Lebens staatlich reglementiert wurde. Zuletzt sogar das Sterben. Wie ein langsam wachsendes Karzinom fressen sich die Bevormundung, Entmündigung und Demütigung in das eigene Leben und Sein. Der Schusswaffenbesitz ist wie der Bargeldbesitz oder der Konsum einer Zigarette eine temporäre Gunst der staatlichen Machthaber. Seien Sie dankbar!

Die konforme Gesellschaft schaut auf Sie, liebe Günstlingin und lieber Günstling. Die konforme Gesellschaft hat wenig Verständnis für Ihre Waffen, Ihre Zigaretten, Ihr Bargeld, kurz: die Reste Ihrer Individualität. Und die Gesellschaft ist die Mehrheit. Sie ist immer in der Mehrheit, weil Individualität a priori Minderheit bedeutet.

Es ist an der Zeit, zum Schluss zu kommen. Ich werde Sie nicht von meiner anarchistischen Philosophie überzeugen können. Die meisten Menschen sterben, ohne je die Widersprüche in ihrem eigenen Verhalten erkannt zu haben.

Der Mensch, der unter die Kategorie der Trockennasenaffen fällt, bildet sich eine Menge auf seine Erkenntnisfähigkeit ein. Doch er ist nichts weiter als ein Produkt der Evolution, welche stets die Überlebenden vermehrt und nicht die in der Masse Totgetrampelten. Es ist also durchaus rational, sich konform zu verhalten. Wer beizeiten »Heil Hitler!« rief, konnte ein paar Jahre auf Kosten der anderen „anständig leben“, so Hermann Göring nach dem Krieg.

Das ist ein Widerspruch zur Individualität, welche der Mensch im Gegensatz zu den meisten Tieren ebenfalls erkennt. Denn des Menschen Fähigkeiten als Einzelwesen sind beschränkt. Erst durch soziale Interaktion, zum Beispiel durch Arbeitsteilung, ist er in der Lage, große technische Fortschritte zu machen. Aber auch die Kriegsführung ist erst durch Arbeitsteilung möglich. Da die Soziopathen nach oben aufgezeigter Logik bereits im Generalstab sitzen, denn Empathie ist eine Eigenschaft, welche sich hinderlich auswirkt, schickt man die Untergebenen in den sicheren Tod, tut man gut daran, bereits den Kindern beizubringen, sie hätten die Regeln einzuhalten. Ansonsten benötigt man mehr Militärpolizisten, als man Kanonenfutter für die Front auftreiben kann.

Was glauben Sie, liebe Leserinnen und Leser, wer größeren Nutzen vom Befolgen der Regeln hatte? Der hungernde Bauer, welchem das Jagen verboten wurde, oder der Ordnungsgeber, welcher die Regel gesetzt hatte? Wer hat größeres Interesse daran, dass die Regeln befolgt werden? Der General oder der Soldat, dem das Wasser im Arsch kocht? Eine Antwort erübrigt sich.

Hier also die dritte Strophe des Liedes, welches mir nach § 90a StGB bis zu fünf Jahren freiheitlich-demokratische Freiheitsstrafe einbringen kann, sollte ein Gericht meine Darlegungen als Verunglimpfung auslegen.

Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand:
|: Blüh im Glanze dieses Glückes,
blühe, deutsches Vaterland! :|

Warum, liebe Deutschinnen und Deutsche, gefällt Ihnen das Wort Einigkeit in diesem Text? Macht Einigkeit stark? Wenn ja, wen?

Tatsächlich sollten Sie, wollen Sie zum Beispiel mit Ihrem Freund ins Kino gehen, sich über einen gemeinsamen Film einigen. Sie müssen sich notgedrungen auch mit Ihrem Arbeitgeber oder dem Geschäftspartner über den Preis einer/Ihrer Leistung einigen, sonst kommt kein Geschäft zustande. Jede arbeitsteilige Interaktion, auch das Jagen, erfordert Einigung.

Unsere Maid hat sich oben mit dem Jägersmann geeinigt, es im Wald zu treiben. Frauen gehen da naturgemäß immer ein größeres Risiko ein als Männer. Umso verwerflicher ist es, dass auch noch im 20. Jahrhundert, die von Männern dominierte gesellschaftliche Moral die uneheliche Mutter ächtete. Im Pflegen derartiger Widersprüche war man sich also ebenfalls einig.

In dieser freiheitlich-demokratischen Grundordnung mussten übrigens bis 1957 Frauen ihren Ehemann um Erlaubnis fragen, wollten sie ein Bankkonto eröffnen. Und bis etwa 1977 haben bundesdeutsche Gerichte durchaus auch einmal die »Berechtigung« einer Frau, eine Arbeit aufzunehmen, überprüft.

Aber lassen wir das. Die Einigkeit zischen Maid und Jägersmann ist ein temporäres Agreement, das sich genau dann erübrigt, sagt einer der beiden »Nein«. Was gegen dieses Nein getan wird, kann nicht gerechtfertigt sein, will man die jeweilige Persönlichkeit erst nehmen.

Das Grundgesetz stellt dann auch die »Würde« der Person unter besonderen Schutz. Nur hat sich der Gesetzgeber in dieser Hinsicht eine Sondergesetzlichkeit geschaffen, welche er öffentliches Recht nennt. Sollten Sie sich also weigern, irgendeiner Weisung der Behörden Folge zu leisten, wird man Sie recht würdelos mit Gewalt dazu zwingen. Das Instrumentarium ist vielfältig.

Worüber sollen sich die Deutschen noch einig sein? Über die Landesgrenzen etwa? Diese sind ein Diktat der damaligen Siegermächte. Überhaupt sind Staatsgrenzen zum überwiegenden Teil Ergebnisse militärischer Auseinandersetzungen, also Früchte der Gewalt und des gegenseitigen Abschlachtens.

Es zeichnet Menschen aus, dass sie sich nur temporär einig sind. Nur auf unterster Ebene, dann, wenn die niedrigsten Instinkte geweckt werden, wenn Franzosen als Scheusale betrachtet werden sollen, Juden als Parasiten, Flüchtlinge als Abschaum, Leute mit anderer Meinung als Volksverhetzer, Widerstandskämpfer als Terroristen, Deserteure als Verräter, ist Einigkeit, bei gleichzeitiger Ausschaltung jeder kognitiven Regung, Pflicht.

Und wenn das Volk auf der Straße ruft, dass es eines wäre, sind die diesen Rufen zugrunde liegenden gemeinsamen Bestrebungen geradezu lächerlich gering im Verhältnis zu dem einer solchen Einigkeit immanenten Potenzial an Manipulation und Verführung.

Ansonsten ist sich der Mensch selbst uneinig. Durch seine Fähigkeit, Kausalitäten zu erkennen, stellt er auch vergangenes eigenes Handeln infrage und zieht daraus Konsequenzen für die Zukunft. Wer in Scheidung lebt, wird die eigenen Überlegungen und Einschätzungen, welche er bei der Hochzeit hatte, nur noch mühsam nachvollziehen können.

Doch der Gewaltmonopolist mit seiner Übermacht an Waffen und von ihm profitierenden Personal tut gut daran, dem Volk zu verdeutlichen, dass es einen Wert an sich darstellt, einig zu sein. Dabei hat er selbst die Deutungshoheit, wer zum Volk gehört. Gehören Leute mit dem polnischen Namen Kowalsky zum deutschen Volk? Was ist mit den Bewohnern von Elsass-Lothringen? Sind die Kinder eines Chinesen Volksangehörige, wenn dieser die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, und warum sollten sie es nicht sein, wenn der Vater die Aufnahmeprüfung nicht bestanden hat?

Im zweiten Wort »Recht« der Hymne wird dann deutlich, weshalb man auf die Einigkeit so großen Wert legt. Wir sollen uns nicht nur einig sein, dass die gesetzten Regeln des Staates gelten, sondern auch darin einig sein, dass es rechtens wäre, dass die Verfassung keine Norm enthält, was zu tun ist, will man aus dieser Verfasstheit aussteigen. Es ist ja verdächtig, dass der Eintritt in das deutsche Staatsgebiet beredt beschrieben wird, der Austritt nicht. Das Argument, man könne ja ausreisen, wenn es einem nicht passe, ist die freiheitlich-demokratische Variante des nationalsozialistischen Judendeportationsverlangens. Nicht der friedfertige Mensch hat seine Heimat zu verlassen, sondern die Gewalttäter, Nötiger und Vergewaltiger haben ihr Tun und ihre Drangsal einzustellen.

Im Klartext und ganz persönlich: »Sie, sollten Sie zu den Systemtrotteln gehören, haben es zu unterlassen, sich in mein Leben, in mein Wohlergehen, in meine Gesundheit und mein Sterben einzumischen. Kümmern Sie sich um Ihre eigene kümmerliche Existenz.«

Und so schließen Einigkeit und Recht den dritten Begriff der besungenen Werte aus. Der Mensch ist maximal frei, tut er dies, was ihm gefällt. Er steigert seine Wohlfahrt, tritt er mit anderen Menschen freiwillig in Kooperation.

Wer jedoch unter der Prämisse der Einigkeit unter einem von den Machthabern gesetzten Recht zu einem Handeln gezwungen wird, kann nicht frei sein.

Und so blühen im Glanze dieses Glückes nur diejenigen auf, welche davon profitieren, dass die Mitmenschen zu einem Handeln gezwungen werden, welches sie aus freiem Antrieb so nicht gewählt hätten.

Und was machen wir jetzt mit den halbautomatischen Langwaffen?

Mehr als 7.000 Menschen haben sich in der Reichshauptstadt das Leben genommen, als sie im Mai 1945 erkannten, dass der Krieg verloren war. Erkannt hatten sie das wohl erst, als die ersten Rotarmisten die Tür eintraten und die Oma vergewaltigen wollten.

Jeder sollte sich also fragen, ob er sich aus denselben psychopathologischen Gründen bis zum bitteren Ende unterordnen möchte. Oder ob er die Entartung dieses Herrschaftssystems erkennen will und daraus seine Konsequenzen ziehen möchte. Eine dieser Konsequenzen heißt: Verachtung jeder Bestrebung, andere Menschen nicht so leben lassen zu wollen, wie sie dies für richtig halten.

Der heraufziehende Faschismus unter der Leitkultur US-amerikanischer Hegemonialansprüche wird sich als Antifaschismus darstellen. Ist man bis dahin vollständig entwaffnet, kann man sich immer noch mit einem Strick auf dem Dachboden aufhängen.


1 Katja Triebel: Verbot von halbautomatischen Waffen. Wir sammeln Geld für Karlsruhe, online unter www.eigentümlich frei vom 14. April 2016.

2 Stefan Blankertz: Das libertäre Manifest. Berlin 2012.

3 Aus dem Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern, Text zum Jennerwein-Lied (Wildschützenlied).

 
Erstellt am 24.04.2016, zuletzt aktualisiert am 26.04.2016. Alle Rechte vorbehalten.  
 
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