Kurt Kowalsky:
Das Gewaltmonopol des
Staates und die widerwärtige Instrumentalisierung apathischer Majoritäten
Übersicht zu diesem Artikel:
Teil 1/4 Das Gewaltmonopol des Staates
Teil 2/4
Macht, Herrschaft, Widerstand
Teil 3/4
Ausweg: Volksabstimmung?
Teil 4/4 Diskrete
Methoden der Herrschaftssicherung
"Jeder Deutsche hat die Freiheit, Gesetzen zu
gehorchen, denen er niemals zugestimmt hat; er darf die Erhabenheit des
Grundgesetzes bewundern, dessen Geltung er nie legitimiert hat; er ist frei,
Politikern zu huldigen, die kein Bürger je gewählt hat, und sie üppig zu
versorgen - mit seinen Steuergeldern, über deren Verwendung er niemals
befragt wurde. Insgesamt sind Staat und Politik in einem Zustand, von dem
nur noch Berufsoptimisten oder Heuchler behaupten können, er sei aus dem
Willen der Bürger hervorgegangen."
(Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim,
Verfassungsrechtler, in: Das System. Die Machenschaften der Macht., München,
2001)
Abstract
Die vorliegende Arbeit untersucht Umfang und
Legitimität des staatlichen Gewaltmonopols. Der Abzug von Steuern und
Sozialversicherungsabgaben vom monatlichem Lohn ist bereits der bezifferbare
Ausdruck einer staatlichen Drohung, die zum Abzug zwangsverpflichteten
Unternehmer bei Ungehorsam existentiell zu vernichten. Durch Beobachtung des
Phänomens einer ohne Protest ausgeführten Handlung ist das ihr zugrunde
liegende Zwangspotential nicht zu ergründen.
Bei der Überprüfung des sogenannten Widerstandsrechts
nach Art. 20 (4) GG kommt der Verfasser zu dem Ergebnis, dass diese Norm
Widerstand gegen den Staat weder ermöglicht noch legitimiert. Die Behauptung
des Art. 20 (2) GG, die Staatsgewalt als Teilmenge von Hoheitsakten würde
vom Volke ausgehen, ist ein Widerspruch gegen das Kausalitätsprinzip.
Gleichzeitig schottet sich das Volk systematisch vor jedem Einfluss normativ
ab. Da der Staat bereits das Gewaltmonopol besitzt, er quasi einem
omnipotenten, bewaffneten Wesen gleichkommt, kann die Gültigkeit der in der
Verfassung behaupteten Legitimation mit der Frage überprüft werden: Gibt der
Staat sein Gewaltmonopol auf, wenn ihm "das Volk" seine Legitimation
entzieht? Und wenn ja: Wo ist die Norm der [De-]Legitimierung geschrieben?
Da das (Un-)Wesen der sogenannten
"Freiheitlich-Demokratischen-Grundordnung" darin besteht, möglichst vielen
Menschen Rechte (das heißt, Freiheit, Geld und Vermögen), gewaltsam
abzunötigen, um bestimmte andere Leute dafür zu begünstigen, basiert Politik
auch auf dieser Grundlage. Die auf dieser Basis radikalste Politik fordert
logischerweise, einem einzelnen "Bösewicht" alles zu nehmen und dies nach
irgend einer "sozialen Ordnung" unter allen (minus dem Einen) zu verteilen.
Schätzungsweise 35 Prozent der Bevölkerung sind
Befürworter stalinistischer Maßnahmen, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Obwohl es die Nazis nicht wissen, gehören sie in dieselbe Kategorie wie
Teile der PDS, der SPD, der Grünen und der C-Parteien. Die rechtfertigenden
Gründe sind unterschiedlich: Die einen wollen die Banken verstaatlichen, die
anderen die Raucher in Konzentrationslagern einsperren, wieder andere die
Autos verbieten oder eben die Todesstrafe einführen und so weiter. Circa 95
Prozent des Plebs ist jedoch die infantile Freude gemeinsam, welche
ausbricht, wenn man einen geringen Teil des zuvor abgenommen Geldes in Form
von Kindergeld für das eigene Kind wieder zurück bekommt.
* * *
Als Gewaltmonopol des Staates bezeichnet man im
Staatsrecht die ausschließlich den staatlichen Organen vorbehaltene
Legitimation, physische Gewalt auszuüben oder zu legitimieren. Dieses
Prinzip gilt als Grundlage für das Funktionieren sogenannter Rechtsstaaten.
Eine der oft erwähnten Funktionen des Gewaltmonopols,
Selbstjustiz bei Mitgliedern der Gemeinwesen zu verhindern, ist nachrangig.
Das Gewaltpotential eines zur Selbstjustiz neigenden Menschen, steht in
einem irrelevant geringen Verhältnis zum Gewaltpotential des Staates. Jede
(unbewaffnete) dörfliche Autorität war und ist im entsprechenden sozial
gefestigten Kontext in der Lage, die unbegründbare Willkür von Mitgliedern
des Gemeinwesens zu verhindern. Passiert sie trotzdem, so passiert sie auch
in einem Staat mit vier Polizisten und einem Geheimagenten auf tausend
Einwohner, sowie einer hochgerüsteten Armee.
Dieses ist bereits ein Hinweis für die Erörterung des
staatlichen Gewaltmonopols. Deshalb sind zuvorderst Umfang und Legitimation
seiner Hauptfunktion zu untersuchen.
Die entsprechende Befugnis des Staates beinhaltet die
zerstörende wie die ordnende Gewalt gleichermaßen. Eine diesbezügliche
Differenzierung erscheint nicht erforderlich, da jede mit Gewaltandrohung
ordnende Macht im Falle von Widerstand zerstörend auftritt. Ludwig von Mises
analysierte allgemeiner: "Das Wesen der Staatstätigkeit ist, Menschen durch
Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung zu zwingen, sich anders zu verhalten,
als sie sich aus freiem Antriebe verhalten würden."[1]
Gewalt lässt sich beziffern
Einen diesbezüglichen Test kann jeder selbst
vornehmen. Man betrachte, sofern man sich in einem Angestelltenverhältnis
befindet, seine letzte Lohnabrechnung. Nach dem Brutto-Lohn-Ausweis erfolgt
ein Steuerabzug, dann mehrere Abzüge für die Kranken- und
Pflegeversicherung, die Rentenversicherung sowie für die
Arbeitslosenversicherung. Danach berechnet sich der Netto-Lohn, somit das
Geld, das für den jeweiligen Leistungsaustausch real ausbezahlt wird. Alle
Versicherungsabgaben sind Zwangsabgaben, weil weder der Erhebung noch dem
Leistungsversprechen ein freiwilliger Austausch zugrunde liegt. Der
Steuerabzug bedarf keiner näheren Erörterung.
Wer selbst entscheiden könnte, ob er diese
Versicherungen bezahlen will oder sich nicht, beziehungsweise sich
preiswerter versichern möchte; wer selbst entscheiden könnte, wie viel
"Steuer" ihm in diesem Monat die Leistungen des Staates wert waren, wird mit
großer Wahrscheinlichkeit, nach eigener Berechnung, auf eine höhere
Nettolohnsumme kommen.
In diesem fiktiven Fall würde ihm jedoch der
Unternehmer die Differenz zwischen den Zwangsabgaben und der freiwilligen,
neuen Berechnung noch oben drauf zahlen. Denn dieser Differenzbetrag
entspricht dem Arbeitgeberanteil, den er selbst aufaddieren und zu bezahlen
hätte.
Damit ist Mises’ Aussage bereits bewiesen. Man kann
sich auch an der Tankstelle fragen, ob man für das getankte Benzin gerne den
derzeitigen Preis inklusive Verbrauchsteuern bezahlen möchte oder nur den
Benzinpreis ohne Steuerlast. Mit der Differenz zwischen dem hypothetischen,
freiwilligen Preis und dem realen Preis kann man die nackte Konfiszierung
durch die Gewalt des Staates auf den Cent genau beziffern.
Die Gewaltdrohung "richtet" sich mittels Gesetz
jedoch nicht an den Verbraucher, sondern an die jeweiligen Unternehmer.
Dieses Vorgehen des Staates geschieht nicht nur aus Gründen der Effizienz.
Es ist Teil der Strategie, die große Masse des Volkes nicht zu verärgern.
Hohe Preise werden von den Konsumenten den Konzernen angelastet, niedrige
Netto-Löhne den Arbeitgebern.
Diese sind, analog zu den biblischen Zöllnern, zu
"Finanzintermediären" gebeugt worden. Bei abgestufter Strafandrohung, bis
hin zur existentiellen Vernichtung, besteht für alle Unternehmer die
Pflicht, Steuern und Zwangsabgaben im Auftrag des Staates auszurechnen,
einzubehalten und abzuführen. (Selbstverständlich vergütet der Staat diese
Arbeit mit keinem Cent.)
Das Gewaltmonopol eines Staates manifestiert sich so
überwiegend in potentieller Gewalt. Bei 41 Millionen Beschäftigten in
Deutschland ergehen jährlich etwa 492 Millionen Verbriefungen staatlicher
Gewaltherrschaft allein in Form von Lohnabrechnungen an die Menschen. Durch
Beobachtung des Phänomens einer ohne Protest ausgeführten Handlung ist das
ihr zugrunde liegende Zwangspotential nicht zu ergründen.
Totaler
Gewaltanspruch und die genormte Beliebigkeit
"Erinnere
sie daran, dass sie der Gewalt der Obrigkeit untertan und gehorsam seien, zu
allem guten Werk bereit." (Titus 3, 1)
Das Gewaltmonopol
des Staates kennt keine Ausnahmen! Wer die diesbezügliche
Herrschaftsbefugnis des Staates richtig ermessen will, muss sich der
Ausnahmslosigkeit bewusst werden, weil sie das faktisch existierende,
gesellschaftliche Normensystem verdeutlicht, dem sich alle
Privatrechtssubjekte [2] zu
unterwerfen haben.
Weder (a) die erlaubte Gewaltanwendung im Rahmen der
Selbsthilfe, noch (b) das Widerstandsrecht nach Art. 20, Abs. 4
Grundgesetz halten einer diesbezüglichen Überprüfung stand.
Zu a)
Wer zum Beispiel sein Leben oder seinen Besitz gegen
einen (rechtswidrigen) Angriff verteidigt, darf Gewalt im Umfang und Grad
der dafür vom Gesetz eingeräumten Legitimation anwenden. Doch stellen damit
Notwehr, beziehungsweise Notstand, keine Ausnahmen von staatlicher
Gerichtsbarkeit (dem staatlichen Gewaltmonopol) dar, da jegliche Form der
Selbsthilfe durch Gesetz (BGB, StGB) im voraus definiert ist und in
ständiger Rechtsprechung interpretiert wird. Wer sich also gesetzmäßig der
Notwehr bedient, wird sich letztlich immer vor einem staatlichen Entscheider
wiederfinden, der nicht selten eigene Maßstäbe anwendet und zugunsten seiner
selbst richtet.
Zudem mangelt es dem staatlichen System aufgrund der
juristischen Willkür an Vorhersagbarkeit, beziehungsweise an
Rechtssicherheit. So kann das sich zur Wehr setzende Privatrechtssubjekt nie
sicher sein, ob der Grad seiner Gewaltanwendung von der ihm eingeräumten,
staatlichen Legitimation gedeckt ist oder bereits überschritten wurde. Die
Folge einer Überschreitung ist regelmäßig eine strafrechtliche Anklage - je
nach Sachverhalt wegen Sachbeschädigung, Freiheitsberaubung,
Körperverletzung oder Totschlag.[3]
Dagegen ist "Widerstand gegen die Staatsgewalt"
umfangreich und beredt sanktioniert (§§ 111, 113, 114, 120, 121 StGB).
Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung gegen Vollstreckungsbeamte des
Staates hat demnach eine andere - zusätzliche - Qualität als wenn sich die
Angriffe gegen Privatrechtssubjekte richten.
Zu b)
Das sogenannte Widerstandsrecht aller Deutschen durch
Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG), das 1968 nachträglich mit der
Einführung der Notstandsgesetzgebung dort eingefügt wurde, setzt die
Herrschaftsbefugnis des Staates ebenfalls weder außer Kraft, noch
legitimiert es zum gewaltsamen Widerstand gegen den Staat. Ferner versucht
sich der Staat mit Artikel 20 GG bezüglich seiner prinzipiellen Struktur zu
legitimieren und leitet die Staatsgewalt als Teilmenge von Hoheitsakten
daraus ab, worauf hier Absatz für Absatz eingegangen werden soll:
Hier der Artikel 20 GG im Wortlaut:
(1) Die
Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer
Bundesstaat.
(2) Alle
Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und
Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der
vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die
Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt
und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden,
der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das
Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Abs. 1 definiert den Staat als föderativ,
demokratisch und sozial. Jede dieser ihm zugeschriebenen Eigenschaften
bleibt undefiniert und beliebig interpretierbar. Das heißt, jede Referenz,
mit der die behaupteten Eigenschaften festgestellt und gemessen werden
könnten, ist willkürlich.[4]
Die Behauptung ist (da nicht überprüfbar) nicht
deskriptiv. Aber sie ist auch nicht normativ. Denn eine Norm (ein Sollen)
setzt entweder einen durch bestimmte Prozesse allgemein festgelegten
Standard voraus oder eine Wertordnung. Eine Norm hat (unabhängig von ihrer
Begründung) zumindest zu fragen, welche Bedingungen, welches Handeln
erforderlich sind, um sie zu erfüllen. Damit ist bereits die Struktur des
Staates dem Grunde wie dem Grade nach beliebig interpretierbar.
Abs. 2 des Artikels setzt das Volk, bei Einhaltung
der in Satz 2 bestimmten Regeln, über die verfassungsmäßige Ordnung. Hier
taucht dann auch der Begriff Staatsgewalt auf und es wird behauptet, deren
Ursprung sei das Volk. Hoheitliches Handeln ist demnach kein von oben nach
unten vollzogener Akt in einem hierarchischen Subordinationsverhältnis der
Über- und Unterordnung, sondern hat seinen Ursprung in dem Volk, gegen das
hoheitliches Handeln gerichtet ist. Das Volk droht mit und übt gegen sich
selbst Gewalt aus.[5]
Im Sinne dieses "Government by the people" hat,
unabhängig von der Länge einer Legitimationskette (Volk -- Wahl -- Parlament
-- [Koalitionsbildung] -- Bundeskanzler -- [Regierungsbildung]
-- Minister --
EU -- Administration -- [Hoheitsakt] -- Volk), stets das Volk jeden
Hoheitsakt, auch den gewalttätigen, selbst bestimmt.
Wäre es tatsächlich so, bedürfte es keiner
Rechtsnorm, nach der Widerstand legitimiert wird. Wer sich selbst Gewalt
antut, bedarf keiner ausdrücklichen Legitimation, diese Tortour
einzustellen. Wie im bereits erwähnten Straftatbestand der §§ 113 ff. StGB
entlarvend verdeutlicht wird und in jedem Gerichtsverfahren augenfällig ist,
hat sich aber das anwesende Volk untertänig und ehrerbietig vor dem Richter
zu erheben – statt umgekehrt.
Der Begriff des "Volkes als Alleinherrscher"
(Souverän) kategorisiert eine Gesamtmenge von Menschen nach "ihrem"
kollektiven Willen. Während eine Teilmenge zum Beispiel nach Gewicht, nach
Größe oder nach Alter zu kategorisieren ist oder man der arithmetischen
Realität aller Elemente statistisch mittels einer Stichprobe nahe kommen
könnte, versagt eine derartige Erfassung im weiten Begriffsfeld "Wille"
bereits bei den einfachsten Annahmen.
Hier Beispiele: "Will" jemand 100 Jahre alt werden
und der andere "will" sich mit 50 von einer Brücke stürzen, ist dann des
Volkes "Wille" eine Lebenserwartung von 75? "Wollen" wirklich alle in den "Volkspark" oder
"wollen" das einige eben gerade deshalb nicht, weil sie
erwarten, dass die anderen bereits dort sind? Ist deren Wille, das Volk aus
dem Volkspark zu entfernen, legitim?
Weder sind Willensbewusstheit noch
Willensernstlichkeit klar definierbar. Bereits intuitiv müsste jedoch
deutlich sein, dass irgendwer, um irgend etwas zu wollen, das ihn nicht
direkt betrifft, auch nicht unbedingt ernsthafte Überlegungen anstellt.
Am Phänomen des tatsächlichen Handelns eines
Individuums ist gerade noch auf die Bekundung einer Präferenz zu schließen.
Welche Bewertung heutiges Handeln morgen erfährt, bleibt auch für den
Entscheider selbst zumindest ungewiss.
Die Legitimation des
Staates
Der obige Erklärungsansatz ist
folglich nichts weiter als ein Gedankenexperiment, um staatliche
Rechtsordnungen zum Schein moralisch und institutionell zu begründen.
Es handelt sich um eine Behauptung, die sich einer
Prüfung ihres Wahrheitsgehaltes entzieht und der jede andere Behauptung
gleichwertig gegenübergestellt werden kann. Als Argument im Sinne eines
Beweises muss aber die Wahrheit der Prämissen die Wahrheit der Konklusion
mit Notwendigkeit nach sich ziehen.[6]
Da aus heutiger Sicht der Staat bereits das
Gewaltmonopol besitzt und damit quasi einem omnipotenten, bewaffneten Wesen
gleichkommt, kann die Gültigkeit der in der Verfassung behaupteten
Legitimation mit der folgenden Frage überprüft werden: Gibt der Staat sein
Gewaltmonopol auf, wenn ihm "das Volk" seine Legitimation entzieht? Und wenn
ja: Wo ist die Norm der [De-]Legitimierung geschrieben? Eine Antwort
erübrigt sich wohl, da bereits jede Sezession mittels Gewaltanwendung
verhindert wird. Obwohl man gerade durch Sezession die Entziehung der
Legitimation am besten verdeutlichen könnte.
Ein Staat, der sich auf Grund der Zustimmung aller
Staatsbürger konstituiert, wird sich empirisch nie nachweisen lassen. Liegt
also die Zustimmung aller Staatsbürger nicht vor, bedarf es auch keiner
Erlaubnis des Legitimationsnehmers oder der Erlaubnis einer willkürlich
großen Volksmenge, wollen Privatrechtssubjekte der behaupteten Legitimierung
widersprechen.[7]
Die stillschweigende, nachträgliche Zustimmung kann
ebenfalls nicht mehr als eine Fiktion sein, weil zum Beispiel das Fehlen von
gewaltsamer Auflehnung gegen die bestehende Ordnung voraussetzen würde, dass
die Herrschaftsbefugnis zur Gewaltanwendung vor (!) Verabschiedung des
sogenannten Gesellschaftsvertrages[8]
"Verfassung" beim einzelnen Bürger gelegen hätte. Dies war und ist
selbstverständlich nicht der Fall.[9]
Wie bereits bemerkt: Aus dem Phänomen des tatsächlichen Handelns oder
Unterlassens kann die dem Handeln zugrunde liegende Bewertung von außen
nicht ermessen werden. Wenn Menschen gegen den Staat keinen Widerstand
leisten, beziehungsweise ihn nicht verlassen, kann daraus keine Zustimmung
für die im Staat herrschenden sozialen Normen[10]
abgeleitet werden.
Auch die "republikanische Staatslehre", nach der in
einer Republik alle Menschen frei, gleich und brüderlich zusammen leben,
wird, unabhängig von den unqualifizierten Normen, dann zum immanenten
Widerspruch, wenn sie durch das "demokratische Prinzip" den Staatszweck als
"das gute Leben aller in allgemeiner Freiheit und damit Gleichheit und
Brüderlichkeit" propagiert.[11]
Die auf Kants Sittengesetz[12]
beruhende Lehre geht vom übereinstimmenden Willen aller Bürger aus. Folglich
soll der größtmögliche Einfluss des Volkes, das heißt, jedes einzelnen
Bürgers, auf die Vertretung des Volkes sichergestellt werden.
Gleiches und brüderliches Zusammenleben ist bereits
die Hölle, um dies salopp zu formulieren. Da Menschen weder gleich sind noch
gleich sein wollen, haben sie unter einem "guten Leben" völlig
unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche, Vorstellungen. Das gilt nicht
nur für einzelne Individuen untereinander, sondern auch für die
Persönlichkeit an sich. Es gibt in einer Biographie keine Kontinuität der
Präferenzen. Folglich wäre ein Gesetz, welches sich ein Heranwachsender "in
Freiheit" gibt, bereits wenige Jahre später die selbst verfasste,
deskriptive Knechtschaft. Damit ist die (auch freiwillige) Unterwerfung
unter ein "demokratisches Prinzip"[13]
stets dann ein antagonistischer Widerspruch zur Freiheit (wie es auch schon
das eher symbolische Eheversprechen wäre, das niemand wirklich ernst nimmt),
wenn es keine Möglichkeit zur Sezession gibt.
Auch kann niemals ein "gerechter" Zustand
zeitinvariant behauptet werden. Der frustrationsvermeidenden Idee einer "sozialen Ordnung", die bereits durch unscharfe Begriffe wie
"brüderlich", "gleich" oder "sozial" implizite Forderung ist, mangelt es an der
allgemeinen Anerkennungsfähigkeit. Erfolgt die Rechtfertigung in Bezug auf
die Ordnung selbst, so ist jede "soziale Ordnung", auch die stalinistische,
rechtfertigbar.
Soweit aber die grundsätzliche Fragwürdigkeit der
Verfassung dahingestellt bleiben könnte, verstößt die behauptete
Legitimationskette auch noch gegen elementare Grundsätze der Logik.
Wenn das Volk gegen sich selbst Gewalt ausübt, müsste
diese Wirkung auf eine von ihm ausgeführte Ursache rückführbar sein. Gewalt
in diesem Sinne ist ein willentlich herbeigeführtes Handeln mit dem Ziel,
auf andere physisch oder psychisch Zwang auszuüben. Jeder Hoheitsakt erfüllt
diese Bedingungen auf Grund seiner Vollstreckbarkeit. Wobei der psychische
Zwang, also die Drohung mit Gewalt, dem physischen naturgemäß vorangeht.
Da der jeweilige Wähler bei seiner Wahl einer
bestimmten Partei unmöglich erkennen kann, welche Hoheitsakte seine
Stimmabgabe zur Folge haben wird, fehlt bereits dem Wahlakt jene
Eigenschaft, welche eine zielgerichtete Aktivität (das heißt, Gewalt/Kraft
vom Volk durch die Wahl) ausmacht. Zu konstruieren, ein Hoheitsakt (somit
die implizite Gewaltandrohung) sei Handlungsfolge einer Stimmabgabe des
Volkes, steht im direkten Widerspruch zum Kausalitätsprinzip.
Das Phänomen des Hoheitsaktes selbst ist natürlich
kausal erklärbar und hat somit objektive Ursachen; es ist jedoch vom Wähler
aus betrachtet weder mess- noch steuerbar und somit für ihn unvorhersehbar.
Folglich bewirkt die Wahlhandlung des Einzelnen (in diesem Sinne ist das
Nichtwählen dem Wählen gleichzusetzen) bezüglich der auf ihn wirkenden
Hoheitsakte nichts.
Die mit der Wahl sich legitimierenden Volksvertreter
erlangen über bestimmte Parlamentsmehrheiten auch das Recht, einzelne
Verfassungsartikel zu ändern. Das in Abs. 2 beschriebene Prinzip legitimiert
somit die teilweise Revision der Ordnung, aufgrund welcher die Legitimation
erfolgte. In der Regel geschieht dies (siehe Fußnote) ohne mediales Echo
durch Relativierung, wenn es nicht bereits, wie erwähnt, der Norm an
jedweder Faktizität mangelt.[14]
Die Naturrechtsidee, das Recht als Grundlage der
menschlichen Gesellschaft -und nicht die politische Zweckmäßigkeit- zum
höchsten Prinzip zu erheben (Recht soll vor Macht gehen), reduziert sich
damit auf die Exekutive – und das auch nur temporär. In Deutschland
initiierten zum Beispiel die RAF-Prozesse (1975-1977) eine sofortige
"Sondergesetzgebung". Der Anschlag vom 11. September 2001 stellte in den USA
das stets viel gelobte Bürgerrecht schlagartig auf den Kopf. Können aber
jeweils eine Handvoll Personen (Letztere waren mit Teppichmesserchen
bewaffnet) umfangreiche Gesetzesänderungen auslösen, hat Recht keine
inhärente Substanz, folglich auch nur einen von den Machthabern eingeräumten
vorübergehenden Wert.
Kommen wir jetzt zurück zum Widerstandsrecht des
Volkes. Widerstand ist nach Art. 20, Abs. 4 GG allen Deutschen gegen "jeden"
erlaubt, der es unternimmt, die (verfassungsmäßige) Ordnung zu beseitigen.
Da die in den Absätzen 2 und 3 vorgeschriebene Norm
nur dazu legitimiert, die Verfassung zu ändern, sie deshalb also nicht
beseitigen kann, ist bereits Widerstand gegen das Regelwerk an sich oder
gegen Veränderungen des Regelwerks nicht erlaubt.
Werden aber auf Grundlage einer gegebenen Norm die
Gewählten ermächtigt, die Norm selbst zu ändern, schottet sich der
angebliche Gewaltgeber - das Volk - von jedem Einfluss ab.
Ist folglich der Staat im Sinne der vorstehenden
Vorschriften legitimiert, dann ist Widerstand gegen ihn ausgeschlossen.[15]
Ob irgendwelche Proteste erlaubt sind und nach welchen Regeln protestiert
werden darf, ist, so gesehen, ohne Interesse. Die Legitimation des Protests,
beziehungsweise der Demonstration, ist ein Mittel des Staates, Kritik und
Unzufriedenheit zu moderieren und gegebenenfalls aufzufangen. (Nur die
Demonstranten sollen in Verkennung der realen Kräfte glauben, es seien ihre
Mittel.).
Nachdem der Staat die Befugnis über alle
Gewaltanwendung hat, wird dieser imaginäre "Jeder" des Abs. 4 aus Art. 20 GG
auch keine Gefahr darstellen, da ja "alle [unbewaffneten] Deutschen" diesen
Bösewicht legitim mit Gewalt darin hindern müssten, die verfassungsmäßige
Ordnung zu beseitigen. Die Tatsache, dass dann eigentlich der Staat mit
seinen bewaffneten Soldaten, Polizisten und Agenten als Bösewicht genau jene
Ordnung verkörpert und alle unbewaffneten Deutschen herausfordert, wird
dabei geflissentlich ignoriert.
Das bereits ins Absurde geführte "Widerstandsrecht",
das jeden Widerständler letztlich zum Terroristen abstempeln würde, hat auch
noch einen Verhältnismäßigkeitszusatz. Widerstand ist danach die Ultima
Ratio. Nur wird ein einzelner Deutscher, viele Deutsche oder alle Deutschen
nicht wissen können, ob man den die Verfassung "beseitigenden" Bösewicht
eventuell nicht auch zum Beispiel durch einen Sitzstreik von seinem Tun
abbringen könnte.[16]
Der Fokus des Normgebers auf "irgend jemanden" hat
eine Parallele zu gängigen Methoden der geschichtlichen Aufarbeitung, welche
mit Unmenschen und Bösewichten operiert. Danach herrscht die Vorstellung,
ein einziger Hitler hätte die Verfassung "beseitigt" und folglich hätten
gegen diesen einen Mann alle Deutschen das Recht gehabt, Widerstand zu
leisten - hätte der Artikel bereits in der damaligen Verfassung gestanden.
Da jedoch das entsprechende Ermächtigungsgesetz[17]
die Verfassung nicht "beseitigte", sondern nur teilweise und vorübergehend
außer Kraft setzte, bleibt selbst die Legitimität des Widerstands gegen
Hitler aus diesem Grund fraglich.[18]
Damit ist nicht nur bewiesen, dass der Staat jede
Gewaltanwendung von nicht durch ihn legitimierten Subjekten explizit
ausschließt, sondern auch, dass sich das (ungefragte) Volk
rechtssystematisch bereits durch die Wahlhandlung selbst von jeder
Einflussnahme auf die Staatsgewalt abschottet und sich damit jeglichen
Widerstand verbietet.
Fazit: Der Staat ist der sich selbst legitimierende,
alleinige Gewaltanwender und entscheidet über die Rechtmäßigkeit seines
eigenen Handelns auf Grundlage der von ihm selbst verfassten Normen. Das
Gewaltmonopol schließt das Monopol auf Rechtsprechung logisch mit ein. Der
Staat ist Richter über andere und entscheidet auch über Konflikte, die er
selbst verursacht hat, beziehungsweise über solche, in die er selbst
verwickelt ist.[19]
Dass diese Beherrschung total (somit auch
"totalitär") ist, ergibt sich einerseits durch die Lückenlosigkeit des
Gewaltmonopols, anderseits durch die positivistische Rechtsetzung, welche es
erlaubt, jedes zugestandene Recht (verstanden als sogenanntes Bürgerrecht
und damit als implizite [Selbst-]begrenzung staatlicher Allmacht) zu
relativieren. Es ist nicht mehr als ein falscher Eindruck –aufgrund der vom
Staat beeinflussten, überwachten, teils abhängigen, größtenteils von ihm
verantworteten Berichterstattung–, dass sich der Staat auch in der
Relativierung elementarer Grundrechte schwer täte.
Die entsprechenden Staatstheoretiker rechtfertigen
die Gewalt, definiert als "verfasste Gewalt", als legitime Maßnahme, da die
"verfassungsgebende Gewalt" als ein "unveräußerliches Recht des Volkes"
angesehen wird. Dass die Verfassung selbst dann durch entsprechende Gesetze
und nachfolgende Durchführungsverordnungen ständig relativiert wird, bleibt
weitgehend unerwähnt. Die sogenannte Ewigkeitsklausel (Art. 79 Abs. 3 GG)
spricht von der Unzulässigkeit der Änderung "niedergelegter Grundsätze".
Frei nach Ciceros Diktum "Nihil fit sine causa"[20]
könnte man ergänzen: Und jeder Grundsatz kann relativiert werden.
"Unveräußerlich" bedeutet für einen Ökonomen soviel wie "nicht tauschbar".
Für Juristen hat die Vokabel "unveräußerlich" offensichtlich lediglich dekorativen Charakter.[21]
Jedes einer Person "zugestandene" Recht ist nicht mehr als eine temporär
gültige Pose, wenn sich der Rechtsgeber die materiellen Implikationen
vorbehält. Das heißt, die Aussage des Rechts ergibt dann, verknüpft mit
anderen Aussagen (Implikationen), eine neue Aussage. Möglich ist einerseits
jede Relativierung von Rechten, indem die Maßnahme (1) in der Öffentlichkeit
faktisch "verschwiegen" wird oder (2) das beabsichtigte zusätzliche
Beherrschungsinstrument medial als überfällige Notwendigkeit zur Bekämpfung
eines "besonders schrecklichen Übels" (Teppichmesserchen im Flugzeug)
dargestellt wird ... weiter
Teil 2
ÜBERSICHT ZU DIESEM ARTIKEL
TEIL 1/4 Das Gewaltmonopol des
Staates und die widerwärtige Instrumentalisierung apathischer Majoritäten
TEIL 2/4 Macht, Herrschaft, Widerstand
TEIL
3/4 Ausweg: Volksabstimmung?
TEIL 4/4 Diskrete Methoden der Herrschaftssicherung
Fußnoten
[1] Ludwig von Mises: Im Namen des Staates oder die Gefahren des
Kollektivismus, München 1982, S. 68
[2] Privatrechtssubjekte sind natürliche oder juristische Personen
(Privatpersonen, Firmen). Sie stehen im natürlichen, logischen Gegensatz zum
Staat und seinen Untergliederungen, die entsprechend der von ihnen
verfassten Normen unaufgefordert zwangsweise Eingriffe in bestehende
Eigentumsrechte vornehmen "dürfen". (Öffentliche Gewalt.)
[3] Juristen sprechen von "sozialethischen Notwehreinschränkungen",
wodurch das Notwehrrecht unübersichtlich und kaum überschaubar wird. Vgl.:
"Die sozialethischen Einschränkungen der Notwehr", Carl-Friedrich von
Scherenberg, 1996, S.63
[4] Referenz: Das Wort "Eule" referiert z. B. mit dem großäugigen Vogel.
Entsprechende Differenzierungen in der Ordnung sind nur für Fachleute
interessant. Deshalb gibt es zwischen Kindern und Ornithologen in der
Referenz keine Konflikte. Worte wie "sozial" und dergleichen referieren
jedoch wenig konkret mit der eigenen Vorstellungswelt. Und diese Welten sind
so unterschiedlich wie die Personen, welche sie denken.
[5] Volk ist in diesem Sinne als Gesamtmenge der Staatsbürger und die
ihnen staatsrechtlich gleichgestellten Personen zu definieren.
[6] Wolfgang Detel: "Grundkurs Philosophie", Logik: BD I, Ditzingen 2007,
S. 23
[7] Ein Widerspruch gegen die Legitimierung gilt als
"verfassungsfeindlich" und wird ggf. vom Staat entsprechend sanktioniert.
Spätestens damit ist belegt, dass der Rechtspositivismus lediglich das
"Recht des Stärkeren" ist und keinerlei moralische Legitimität besitzt.
[8] Jean-Jacques Rousseau, auf den die Idee zurückgeführt werden kann,
dass legitime politische Macht sich nur auf den "allgemeinen Willen" stützen
könnte, fabuliert von einem Idealstaat, in dem es, getreu dem Prinzip der
universellen Richtigkeit, ein Gemeinwohl gibt, das seinen Ursprung in der
Vernunft hätte. [Vgl. Jean-Jacques Rousseau: "Vom Gesellschaftsvertrag oder
Grundsätze des Staatsrechts", Hrsg. u. Übers.: Brockard, Hans, Stuttgart
1977]
[9] Vgl. Niels Petersen: Europäische Verfassung und europäische
Legitimität - Ein Beitrag zum kontraktualistischen Argument in der
Verfassungstheorie -, 2004, S. 435 f.
[10] In den sozialen Normen sind die Rechtsnormen enthalten. Rechtsnormen
sind mit Befehl und Zwang auch gegen den Willen der Betroffenen
durchsetzbar. Im Zuge der wahltaktischen Befriedigung von allerlei
Sonderinteressen wandelte der Staat die meisten sozialen Normen in
Rechtsnormen um. Sozial (von lat. socius‚ gemeinsam, verbunden, verbündet)
ist innerhalb von entwickelten Sozialstaaten wie Deutschland folglich
erpresste und befohlene Gemeinsamkeit, Hinwendung und Verbundenheit.
[11] Vgl. Karl Albrecht Schachtschneider: in: "Zur Zukunft Europas:
wirtschaftsethische Probleme der Europäischen Union", Berlin 2007, S.19
[12] ebenda, I, "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, (§§ 45, 46, 52);
Kant begründete die Allgemeinheit des moralischen Gesetzes a priori "für
alle vernünftigen Wesen", so dass alle sittlichen Begriffe in der Vernunft
ihren Sitz und Ursprung haben.
[13] Das "demokratische Prinzip", also die freiwillige Unterordnung unter
einen Mehrheitsbeschluss, wie z. B. bei Vereinen oder Aktionärsversammlungen
üblich, darf mit dem politischen Herrschaftsbegriff der "Demokratie" nicht
verwechselt werden. Vgl. auch: Kurt Kowalsky: "Nehmt Euch die Schweiz als
Vorbild! Oder nicht?" https://www. facebook.com/
note.php?note_id=225445117529732
[14] Ausarbeitung WD 3 -381/09, der wissenschaftlichen Dienste des
Deutschen Bundestages: 60 Jahre Grundgesetz – Zahlen und Fakten: "Durch die
57 Änderungsgesetze wurden insgesamt 114 Grundgesetzartikel geändert. Dabei
sind 209 Einzeländerungen zu verzeichnen. Von den 114 geänderten Artikeln
wurden wiederum 47 mehrfach geändert. 83 Artikel sind unverändert geblieben.
Am häufigsten geändert wurde Art. 74 (konkurrierende Gesetzgebung), er ist
allein zehnmal geändert worden. Art. 73 (ausschließliche Gesetzgebung), Art.
106 und Art. 107 (aus der Finanzverfassung) sind jeweils sechsmal geändert
worden. Insgesamt ist die Zahl der Grundgesetzartikel von ursprünglich 146
auf 197 angestiegen.", Berlin, 2009
[15] Der Begriff Widerstand wird unten entsprechend definiert, er ist
gegen die Begriffe Demonstration oder Protest abzugrenzen.
[16] Aufrufe z. B. für einen GEZ-Boykott, welche sich auf Art. 20, Abs. 4
GG beziehen sind, so betrachtet, nur tragische Auswirkungen politischer
Verirrung. Ein großangelegter Boykott (fünf Millionen) könnte dem Staat aber
sehr schnell seine Grenzen aufzeigen.
[17] Das "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich", vom 24. März
1933, war für die damalige Zeit keine Ausnahme. Die meisten Regierungen in
der Weimarer Republik und davor stützten ihr Regierungshandeln auf
Ermächtigungsgesetze. Trotz parlamentarischer Zersplitterung war auch die
vorgegebene 2/3-Mehrheit kein Hindernis.
[18] Auch der spätere erste Bundespräsident Heuss hatte diesem Gesetz
zugestimmt. Ferner begegnen uns heute Ermächtigungsgesetze in anderer,
subtiler Form. Denken wir nur an die Regeln zur Parteienfinanzierung und die
5%-Klausel, die etablierte Parteien über alle Nicht-Etablierten ermächtigen
oder an die Tatsache, dass die meisten Vorschriften bereits von der
supranationalen EU bestimmt werden. Ein Federstrich unter ein
internationales Abkommen mag die Rechtslage unwiderruflich entscheiden.
[19] Vgl. Hoppe: "Der Wettbewerb der Gauner...", aaO., S. 25
[20] "Nichts geschieht ohne Grund."
[21] Die Relativierung auch grundsätzlicher Normen ist bereits zur
Gewohnheit geworden. Obwohl sich der Staat zur Unantastbarkeit der
menschlichen Würde und der Unveräußerlichkeit der Menschenrechte bekennt
(Art. 1 GG), befiehlt er Soldaten in Kriegsgebiete. Hier werden Menschen
veräußert (gegen ein politisches Ziel getauscht), die bei den entsprechenden
bewaffneten Auseinandersetzungen ums Leben kommen und keine (sic) Angreifer
sind. Innerhalb militärischer Strukturen und beim Einsatz von Kriegswaffen
sind Kollateralschäden zwangsläufig und deshalb Bestandteil des
politisch-militärischen Plans. Abzugrenzen vom Unfall. Schießt z. B. ein
Polizist in Notwehr auf einen Angreifer und der Schuss tötet einen
Unbeteiligten, so ist dies weder durch die Konstruktion der Waffe noch durch
den Schützen systematisch angelegt, folglich auch keine geplante Veräußerung
von Menschenleben.
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