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Kurt Kowalsky: Das Gewaltmonopol des Staates und die widerwärtige Instrumentalisierung apathischer MajoritätenÜbersicht zu diesem Artikel: Teil 1/4 Das Gewaltmonopol des Staates Teil 2/4 Macht, Herrschaft, Widerstand Teil 3/4 Ausweg: Volksabstimmung? Teil 4/4 Diskrete Methoden der Herrschaftssicherung
Macht, Herrschaft, WiderstandGegen jede allgemein nicht zu rechtfertigende Handlung ist Widerstand gerechtfertigt, wenn der illegitime Versuch nicht aufgrund von Protest eingestellt wird. Das wird jedoch einen Staat, beziehungsweise die von ihm abhängigen Theoretiker, nur dann interessieren, wenn sich in einer Gesellschaft tatsächlich militanter Widerstand formiert, den er erwiesenermaßen mit seinem Herrschaftsapparat nicht zu brechen vermag. Will man das Gewaltpotential des Staates einigermaßen realistisch einschätzen, muss man Widerstand vom Protest abgrenzen. Dafür empfiehlt es sich, zuerst Macht und Herrschaft entsprechend zu kategorisieren, da beide Begriffe meistens nur intuitiv verstanden werden. Macht definiert Max Weber als Chance, für einen Befehl bei bestimmten Personen Gehorsam zu finden. Das bedeutet, dass es innerhalb einer sozialen Beziehung viele Chancen geben kann, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen.[1] Wer aber den eigenen Willen durchsetzt, hat die anderen vielleicht auch nur oberflächlich überzeugt. Auch ist Macht nicht nur von Chancen abhängig. Sie ist im Faktischen codiert oder den Dingen, beziehungsweise den Personen, verliehen. Stets aber sind Machtverhältnisse ungleiche Austauschverhältnisse, bei denen die eine Seite über die andere Seite dominiert, dominieren kann, aber nicht dominieren muss. An Beispielen wird dies deutlich: Wer ein Auto besitzt, wird vielleicht eines Tages feststellen, dass es ihm seine Dienste versagt. Da sich wahrscheinlich sämtliche Pläne des Autobesitzers damit schlagartig ändern, übt das Auto Macht über ihn aus. Diese Macht wurde dem (bewusstlosen) Auto durch seinen Besitzer verliehen, indem er sich von ihm abhängig machte. Das Auto kann weder wollen noch müssen, trotzdem macht ein Ausweichen vor seiner ihm ehemals verliehen Macht nicht nur Philosophen zu schaffen. Wer in einem bestimmten Unternehmen eine Anstellung erreichen will, verleiht den dortigen Einstellungsbedingungen und den diese Bedingungen exekutierenden Personen Macht. Das Gleiche gilt innerhalb von Partnerschaften, Nachbarschaften und anderen Ärgernissen. Es gilt auch für die Leser dieses Artikels. Ohne Leser ist der Verfasser machtlos, erst durch das Interesse des Lesers, wird dem Geschriebenen Macht verliehen, vollkommen unabhängig davon, ob man ihm zustimmt oder nicht. Macht haben in einer freien Marktwirtschaft die Kunden über alle Anbieter – und seien dies auch milliardenschwere Konzerne. Ob ein Produkt ein optimales Preis-Leistungsverhältnis hat oder ein völlig überteuerter Unsinn ist, ist irrelevant. Sogar ein Monopolist kann sich nicht dagegen wehren, dass die potentiellen Kunden sein Produkt substituieren. Kunden (Fans) machen 17-Jährige Teenager zu Multimillionären und gut ausgebildete Sänger zu Sozialhilfeempfängern. Alle Selbständigen, alle Unternehmen sind abhängig von den flüchtigen Werten der Massen.[2] Macht ist hier also lediglich ein Phänomen, das in der freien Präferenz der Menschen "codiert" ist.[3] "Die Anerkennung eines staatlichen Monopols auf legitime Gewaltausübung durch die Bürger im demokratischen System ist wohl die umfangreichste, denkbare Übertragung von gesellschaftlicher Macht an eine Instanz überhaupt"[4], heißt es auf Wikipedia. Hier wird deutlich, welches Potential faktische Verhältnisse haben. Der Satz spiegelt nämlich unreflektiert die Norm wider, die sich die derzeitigen Machthaber wünschen. Wahr ist, dass das staatliche Gewaltmonopol wohl die denkbar umfangreichste Übertragung von Macht an eine Instanz überhaupt darstellt. Doch wer hat übertragen? Welche Bürger sollten dies - in welcher Eigenmacht – gewesen sein? Und wer hat die Anerkennung behauptet? So ist die "Übertragung von gesellschaftlicher Macht an eine Instanz, den Staat", nicht mehr als eine Behauptung der Cliquen und Institutionen, welche am meisten vom Staat profitieren. Anerkennt jemand diese Behauptung, so ist die Macht verliehen. Gespräche mit Hinz und Kunz verdeutlichen immer wieder, dass dem Staat diese Macht auch tatsächlich von Vielen in der Bevölkerung verliehen wurde. Gegen diese Akzeptanz wäre nichts einzuwenden, wäre sie nicht gleichzeitig die angebliche Legitimation, die nicht zustimmenden Personen entsprechend zu unterwerfen. Denn unabhängig von jeder moralischen Rechtfertigung ist es damit für diese Art von Demokraten legitim, alle möglichen politischen Forderungen aufzustellen, die ohne den Vorwand der "freien politischen Meinungsäußerung" einem Aufruf zu schweren Straftaten gleichkämen. Wer nämlich öffentlich dazu aufruft, jemandem sein Geld zu entwenden, macht sich strafbar. Wer als Soziopath aber dazu aufruft, die Steuern zu erhöhen, hat gute Chancen auf eine vielversprechende, politische Karriere. Die Verleihung der Macht legitimiert
nahezu jede geäußerte Gewaltphantasie der Untertanen: Der Staat hat wohl
keinen eigenen Willen, aber er entwickelt sein Eigenleben aus den
Gewaltphantasien derer, die den Staat als ihr Instrument benutzen und
zusammen eine Koalition bilden, deren Wesen vom Staat abhängt und die einen
starken Staat braucht, der sich für den Missbrauch der Macht nicht
verantworten muss. Doch bei aller Verwerflichkeit dieser Gewaltphantasien –
sie haben eben auch nur das Gewicht des erwähnten flüchtigen Wertes der
Massen. Ein gut organisierter Generalstreik der Unternehmer, verbunden mit
Aussperrung und der Verweigerung gegenüber den bürokratischen Schikanen des
Staates, würde diesen zum Beispiel innerhalb kürzester Zeit in die Knie
zwingen. Und das vollkommen unabhängig davon, ob die Mehrheit der
Soziopathen etwas anderes will oder nicht. Deshalb gewinnt erst einmal eine Ordnung Geltung, welche sich durch die bloße Vorstellung der Beteiligten legitimiert. Ihr Gelten ist zum Beispiel dem Beamten ein Gebot, dessen Verletzung nicht bloß Nachteile hat, sondern normalerweise auch gegen sein Pflichtgefühl verstößt.[5] Der Finanzbeamte arbeitet deshalb eher nicht in dem Bewusstsein, dass die von ihm angeordnete Wegnahme von Einkommen üblicherweise "räuberische Erpressung" heißt, sondern sieht sein Handeln innerhalb einer legitimen Ordnung verankert.[6] Und analog: Der typische Steuerzahler befindet sich vielleicht zum Steuertarif in (legitimer) Opposition, keinesfalls jedoch im Widerspruch zu der vom Staat behaupteten Übertragung und der ihm dadurch verliehenen Macht. Auch der Steuerhinterzieher sieht normalerweise seine Tat nicht als Protest oder gar als Widerstandshandlung an, sondern ist sich seiner "Schuld" bewusst. Latent ist er bereit, zu gestehen und untertänig (oder taktisch) um Gnade zu bitten. Wer aber die Legitimation der Macht des Staates bestreitet, also nicht anerkennt, wird – sollte die ihm verbotene Handlung entdeckt werden – folglich nur Unterdrückung empfinden.[7] Die tabuisierte Unterdrückung Wenn wir von Beamten sprechen, ist bereits die Grenze von Macht nach Herrschaft überschritten. Denn die – nach Weber – "formlose" Macht ist einfach wieder abzuerkennen und schon öffnet sich der Abgrund zur Ohnmacht. Auch Staatstheoretiker, Philosophen und Parlamentarier können viel behaupten. Diesbezüglich behauptete der bereits zitierte Rousseau 1762, dass legitime politische Macht keinesfalls das Gottesgnadentum als Grundlage haben könne. Warum eigentlich nicht? Nach der oben beschriebenen Systematik, wie Macht behauptet und verliehen wird, kann auch "The Church of the Flying Spaghetti Monster" morgen eine "legitime" Ordnung erlassen, weil eine Vielzahl von Leuten darin ihr Handeln verankern.[8] Dauerhaft kann Macht nur erhalten werden, wird ein Herrschaftsapparat errichtet, dessen wesentliche Elemente über Befehl und Gehorsam die Unter- und Überordnung verdeutlichen, aufbauen, absichern und erhalten. Wie sich das Auto nicht dagegen wehren kann, dass wir ihm seine Macht über uns entziehen; wie der Konzern keine Chance hat, wenn die Kunden etwas anderes präferieren, so wäre man ohne Herrschaftsapparat als Mächtiger über Menschenmassen auf deren Launen angewiesen. Herrschaft ist deshalb das Mittel zum Machterhalt. Wird sie geschickt exekutiert, so wird sie als logische Folge der verliehenen Macht anerkannt, beziehungsweise schafft sie neue Verleihungen. Das bedeutet nichts anderes, als dass Unterdrückung tabuisiert wird. Für die Konstituierung eines Staates ist es deshalb entscheidend, entsprechende Gefolgschaft anzuheuern. Gelingt dies, haben zumindest die entsprechenden, bezahlten Agenten ihrem Arbeitgeber die Macht verliehen. Begrenzte sich jedoch die Machtverleihung lediglich auf die Angestellten der Machthaber, dann würde sich das System auch nur auf diese und deren Bewaffnung stützen. So gälte es, ständig Widerstandshandlungen innerhalb der restlichen Bevölkerung zu unterbinden. Aber zumindest wird diese Gruppe die vorgegebene Ordnung als Befehl annehmen, um bei einer anderen Gruppe Gehorsam zu finden. Es versteht sich von selbst, dass ein solcher Verband oder eine Verwaltung selbst einem erfolgreich Befehlenden gehorchen.[9] Die praktische Umsetzung, der Transfer von Herrschaftsgebern zu Herrschaftsnehmern, erfolgt innerhalb eines Staates durch die obersten Beamten. Sie akzeptieren die behauptete Macht und setzen die vorgegebene - unpersönliche - Ordnung in Befehle um. Tun sie es nicht oder nicht effektiv genug, so entbindet man sie von ihrem Auftrag.[10] (Andere aus der zweiten Reihe des Apparates warten bereits.[11]) Staatliche Macht muss so zuerst das Potential aufbringen, Herrschaftsapparate zu befehligen, welche beliebig gesetztes Recht durchaus zweckrational zu exekutieren beabsichtigen. Das heißt, dass das oktroyierte Recht konkret festgeschrieben wird und die Herrscher selbst diesem Recht gehorchen. Sogenannte Rechtsstaaten schreiben dies fest. (In Deutschland der erwähnte Art. 20, 3 GG: "Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.") Spätestens jetzt müsste klar werden, dass die Selbstbindung des Herrschaftsapparates an das Recht keine Selbstbegrenzung staatlicher Allmacht ist, sondern eine bestimmte Funktion hat. Die Selbstbindung, die sogenannte Rechtsstaatlichkeit, verhindert den Eindruck, dass die Herrschaftsausübung willkürlich sei. Damit ist der vollziehende Beamte "unschuldig" und verantwortet lediglich noch die korrekte Ausführung des Befohlenen. Verweigert er eine für ihn moralisch nicht zu rechtfertigende Anweisung, wird er aus dem Herrschaftsapparat entfernt. Denn das positivistische Recht behält sich wohl vor, bereits morgen die entsprechende Norm zu ändern oder zu streichen. Doch solange sie gilt, bedarf sie keiner Begründung, geschweige denn einer moralischen Rechtfertigung.
"Die Massen scheinen mir nur in dreierlei Hinsicht einen Blick zu
verdienen: einmal als verschwimmende Kopien der großen Männer, auf
schlechtem Papier und mit abgenutzten Platten hergestellt, sodann als
Widerstand gegen die Großen und endlich als Werkzeuge der Grossen; im
Übrigen hole sie der Teufel und die Statistik!" Macht, die sich auf funktionierende Herrschaftsapparate stützen kann, ist nicht mehr von schwankenden Werten der Massen abhängig. In Deutschland korrespondieren derzeit Macht, Herrschaft und Gehorsam vorbildlich. Die Bevölkerung hat ohne Prüfung der moralischen Legitimität dem Parlament die Macht verliehen, welche es ihm erlaubt, nahezu jeden x-beliebigen Eingriff in die Integrität der Menschen und ihres Eigentums dadurch zu rechtfertigen, dass es ja "Gesetz" sei. Kaum jemand ist sich bewusst, welches Gewaltpotential im entsprechenden Herrschaftsapparat steckt. Die meisten Leute gehorchen bereits aufgrund der theoretischen Möglichkeit, den spezifischen Beamten des Herrschaftsapparats auch nur zu "verärgern". Der Herrschaftsapparat erscheint als logische Folge der behaupteten Machtverleihung. Die Unternehmer, welche dem Herrschaftsapparat durch ihren Gehorsam erst Geltung verschaffen, kennen die "Etiketten" des Apparats, in dem bereits eine versäumte Abgabefrist mit abgestuften Zuschlägen sanktioniert wird. Dass die staatliche Berechtigung zur existentiellen Vernichtung bereits erteilt ist, machen auch sie sich selten bewusst. So gilt es, den Begriff „Widerstand“ gegen den Begriff „Protest“ abzugrenzen. Selten wird jemand zum Beispiel gegen einen räuberischen Angriff protestieren, hat er die Chance, sich gegen die Aggression erfolgreich zu wehren. Das Wesen des Protests spiegelt bereits die ungleichen Austauschverhältnisse des jeweiligen Machtverhältnisses wider. Der Staat "protestiert" deshalb auch nicht, verweigert ein Staatsbürger die Zahlung von Steuern und Abgaben, sondern droht sofort entsprechende Konsequenzen in Form von weiteren Übeln an, um diese dann abgestuft mit Gewalt durchzusetzen. Man merke: Je gewichtiger der im Hoheitsakt liegende Rechtfertigungsmangel, desto schärfer die - öffentlich selten erörterten - Sanktionsmechanismen. Das Steuerrecht ist eine einzige Auflistung von Fallstricken, Gemeinheiten und von potentiellen Ermächtigungen, die Untertanen existentiell zu vernichten. Hier aber ein anderes Beispiel: Derzeit (2012) sind wohl Wehrpflicht und deren dubiose Ersatzdienste ausgesetzt. Dass es sich bei der Wehr- und Ersatzdienstverpflichtung um nichts anderes als um eine zeitlich begrenzte Ermächtigung des Staates zur Leibeigenschaft handelt, ist aufgrund intelligenter Agitation den wenigsten Menschen bewusst. Bei der Wehrpflicht oder dem Ersatzdienst bestimmt nicht die Person selbst, sondern der Staat deren Aufenthaltsort und Tätigkeit. Und der Staat herrscht gleichzeitig über die Lebenserhaltungsinteressen des Wehrpflichtigen.[12] Das diesem Gewaltakt innewohnende Unrecht spiegelt sich sofort im Strafrecht wider. Während jeder Strafgefangene straffrei versuchen kann, sich seiner Inhaftierung zu entziehen, indem er sich krank stellt, sich selbst verstümmelt oder einfach flüchtet, ahndet die Norm des § 109a StGB bereits den Täuschungsversuch, sich dem Wehrdienst zu entziehen. Auch eine entsprechende Beratung Dritter ist bereits strafbewehrt.[13] In welch erschreckendem Maße die natürliche Selbstachtung der Menschen unterminiert wurde, zeigen denn auch die Proteste gegen den sogenannten Dienst an der Waffe. Aber um einen solchen kann es überhaupt nicht gehen! Der Herrschaftsapparat der Machthaber hat nicht darüber zu entscheiden, ob ihm ein Gewissen genehm ist oder vielleicht doch nicht. Denn tiefer ist ein Eingriff in eine Person überhaupt nicht vorstellbar. Die Gewissenfrage lautet deshalb: Lasse ich mich zum Sklavendienst beim Militär oder im Krankenhaus zwingen oder nicht? Wer sich deshalb in dieser Frage für die Selbstachtung entschied, verdient den Respekt und die Hochachtung aller. Dagegen sind Demonstrationen lediglich Protestaktionen und kein Widerstand gegen Vorhaben oder Maßnahmen des Staates. Auch große Protestaktionen (Vietnam-Krieg, Nato-Doppelbeschluss, Castortransporte, Startbahn West) haben den Staat nicht beeindruckt und werden ihn auch nicht beeindrucken.[14] Man könnte auch in jedem Haushalt eine Kuhglocke an einen Türpfosten nageln. Ist man mit einer staatlichen Maßnahme nicht einverstanden, kann man ja gegen die Glocke schlagen. Demonstrationen, Petitionen oder andere Protestaktionen sind nur Prozeduren des Staates, um den Widerstand zu kanalisieren, wie der Kummerkasten in der Schule ein Mittel der Schulleitung ist, um Unmut über die Schule selbst abzulenken und gegebenenfalls über die Verfügungsgewalt der Autoritäten selbst zu kompensieren. Keine der oben erwähnten Massendemonstrationen war denn auch in der Lage, die Maßnahmen des Staates zurückzudrängen. Könnten Demonstrationen etwas gegen staatliche Macht bewirken, dann wären sie verboten. Wie wäre Widerstand gegen den Staat möglich?Mit etwas Selbstachtung sollte man persönlich zumindest dem Staat keine zusätzlich Macht verleihen. Die größte Macht hat man ihm bereits durch seine eigene Abhängigkeit verliehen. Abhängig wird man nicht nur durch das Beziehen von Sozialhilfe oder Subventionen, sondern auch dann, wenn man sich freiwillig seiner Gerichtsbarkeit unterwirft. Es ist ebenfalls eine Frage der Selbstachtung, ob man zu "seinem Anwalt" geht oder ob man erkennt, dass ein Rechtsanwalt nicht nur das staatliche Recht (immer ein Recht des Stärkeren) studiert hat, sondern bei seiner Arbeit innerhalb des Staates auch immer nur dessen Rolle spielt. Er war vielleicht gestern Richter oder Staatsanwalt, und heute ist er eben Rechtsanwalt. Stets wird über den "sein Recht Suchenden" auf Grund eines Regelwerkes entschieden, das Juristen oft selbst nicht völlig verstehen aber oft vorbehaltlos akzeptieren. Folglich könnte man auch einen Astrologen beschäftigen. Staatliches Recht ist ohne Vereinbarung mit den Menschen entstanden, für die es Geltung haben soll. Es ist nicht mehr als ein Diktat, welches in Form eines einseitigen Vertrages im privaten Leben keinen Bestand haben könnte. Staatliches Recht verwirkt sich aber auch, weil es das Selbsteigentum der Personen missachtet. Deshalb sind auch grundsätzlich anerkennungsfähige Strafnormen, wie eben zum Beispiel die der räuberischen Erpressung, schlichtweg Unrecht. Der Erpresser zahlt ja seinem Opfer keinen Schadensersatz, im Gegenteil, er lebt noch auf Kosten der Steuerzahler. Nur der Staat hat sich eines Konkurrenten entledigt, und genau das ist das Hauptmotiv staatlicher Strafverfolgung. Wer die Legitimität der behaupteten staatlichen Grundlagen bestreitet, weil weder ein Gesellschaftsvertrag besteht, noch die gesetzte Ordnung moralisch rechtfertigbar ist, wird unterscheiden müssen, was eine privatrechtliche und daher freiwillige Interaktion[15] – und was eine mit Drohungen verbundene, staatliche Interaktion ist. Letzterer gilt es, so gut wie möglich auszuweichen. Denn Widerstand wäre eine Aktion, die sich logischerweise gegen den Herrschaftsapparat richten müsste. Wie viele Beamte, Gerichtsvollzieher und Polizisten will man aber bezwingen? Es ist deshalb irrational, dem Herrschaftsapparat Widerstand entgegenzusetzen, verfolgt man nicht ein klar begrenztes, persönliches Ziel, wie dies zum Beispiel die Totalverweigerer des Militärdienstes taten. Geht man von dem einzelnen Widerstandskämpfer weg und bildet eine Widerstandsgruppe, müsste diese den gleichen Weg gegen den Herrschaftsapparat beschreiten. Die Vorstellungen, welche die legendäre RAF oder ähnliche Gruppierungen hatten, waren diesbezüglich mehr als diffus. Ulrike Meinhof (1934 -1976) differenzierte wie folgt: "Protest ist, wenn ich sage, das und das passt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, dass das, was mir nicht passt, nicht länger geschieht. Protest ist, wenn ich sage, ich mache nicht mehr mit. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, dass alle andern auch nicht mehr mitmachen."[16] Solange Widerstand sich auch tatsächlich nur gegen Aggressoren richtet, ist er moralisch immer gerechtfertigt. Zielt er jedoch darauf ab, ein herrschendes Gewaltsystem durch ein anderes zu substituieren, verflüchtigt sich jegliche Legitimation. In unserem Zusammenhang sei daran erinnert, dass der sogenannte Rechtsstaat auf die Aktionen der RAF - deren Denken sehr schnell nur noch um die eigene, fragwürdige Existenz kreiste - sofort mit einer Reihe von Sondergesetzen reagierte. Dies zeigte nicht nur, dass das Gewaltpotential des Herrschaftsapparats beliebig erweitert werden kann und sich der gestanzte Rechtsrahmen als äußerst flexibel erweist, sondern auch, dass jede gewalttätige Widerstandsaktion dem Staat mehr Macht verleiht, indem sich zunehmend mehr Menschen mit dem Staat solidarisieren oder mit ihm kollaborieren. Am logischen Schluss eines beliebig lang andauernden, gewalttätigen Widerstandskampfes steht eine Militärdiktatur bar jeglicher Hemmung. Welcher Seite die dann bestimmenden Figuren angehören, ist damit irrelevant.[17] Jeder organisierte Widerstand kann deshalb nur gewaltlos erfolgen und muss ein klar erreichbares Ziel haben. Verweigern zum Beispiel ab morgen 100.000 Unternehmer den zwangsweise erhobenen IHK-Beitrag, so ist das keine Aktion gegen die IHKs, sondern gegen die Zwangs-Mitgliedschaft. Doch die meisten Unternehmer waten durch jede Jauchegrube, bevor sie an Widerstand auch nur zu denken wagen. Verweigern zum Beispiel fünf Millionen Haushalte das Bezahlen der GEZ-Gebühren, so wäre das keine Aktion gegen das staatliche Fernsehen (wer es nicht sehen will, soll wegschauen), sondern gegen die erzwungene Finanzierung dieser staatlichen Medien. Die letzte Widerstandsaktion, die mir persönlich gut in Erinnerung geblieben ist, war die gegen die Volkszählung 1987. Der sogenannte Volkszählungsboykott mobilisierte etwa eine Million Bürger, welche den Zensus tatsächlich verweigerten. Der staatliche Apparat reagierte mit Strafverfahren, Registrierungen und allerlei anderen Einschüchterungen. Aber vor allem wich der Herrschaftsapparat einer direkten Konfrontation so gut es ging aus. Solange der sogenannte Sozialstaat noch in der Lage ist, große Teile der Bevölkerung mit Umverteilung und Verschuldung zu kaufen, ist organisierter Widerstand schwierig und Protest ohnehin sinnlos.[18], [19] ... weiter Teil 3
ÜBERSICHT ZU DIESEM ARTIKEL Fußnoten [1] Vgl.: Max Weber: "Wirtschaft und Gesellschaft, Grundrisse der verstehenden Soziologie", 1922, § 16 [2] solange der Staat die Bevölkerung nicht zwingt, Dinge zu kaufen, die sie gar nicht haben will. [3] "Vor 50 bis 60 Jahren klagte man in kapitalistischen Ländern über die zu mächtigen Einsenbahnunternehmen", schrieb Ludwig von Mises, "heute sind sie in den USA durch Wettbewerb von Straßenverkehr und Luftfahrt gleichsam marginalisiert." Und in seinem Buch: "Vom Wert der besseren Ideen", nach einer Zusammenfassung v. Gerhard Spannbauer, 2009: "Der Kunde ist im Kapitalismus der gleiche Mensch, der in Fabriken diejenigen Dinge herstellt, die er später kauft – jede andere Annahme ist irrtümlich, genauso wie die Annahme, dass die Macht der Großindustrie gewaltig ist. Diese Macht ist vielmehr abhängig vom Wohlwollen der Leute und damit sehr brüchig." [4] Wikipedia: Stichwort "Macht", in der Fassung vom 5.2.2012, 22 Uhr [5] Vgl. Weber, 1922, § 5. Nr.1 [6] Das eigene Tun in der staatlichen Ordnung "Verankert Sehen" ist lediglich subjektive Sicht, keinesfalls Präferenz. Das Individuum sucht sich nicht unter einer Vielzahl von Ordnungen eine aus, sondern nimmt die existierende als legitim hin. Ob er in dieser Ordnung als Bäcker arbeitet oder als Finanzbeamter auf Seiten des Staates, hat für ihn keine subjektive Relevanz. Hätte das Individuum bewusst ausgewählt und nicht nur wohl oder übel akzeptiert, entstünde daraus Verantwortlichkeit. [7] Wie sogenannte Steuerparadiese zur Hölle werden -und andere Aspekte von Steuerhinterziehung in Symbiose mit diversen Bankgesellschaften im Ausland-, beschrieb ich zusammen mit einem echten Geheimagenten in einem Roman. (Vgl. Heinrich Eichenberger/Kurt Kowalsky: "Der Gierfaktor", Berlin 2010) [8] Integrer als die heutigen Figuren im Parlament ist Bobby Henderson, der Erfinder des Monsters, bestimmt. [9] Vgl. Weber (1922), a.a.O., I § 16, III § 3 [Weber differenziert wesentlich stärker, was für unsere Zwecke nicht notwendig erscheint.] [10] Der Staat tut gut daran, auch die Geschassten weiterhin "fürstlich" zu entlohnen, denn ihr Wissen und ihre Beziehungen könnten sich auch gegen ihn richten. [11] Dass in den Hackordnungen von Hierarchien stets mehr Menschen auf Beförderung warten als Positionen zu vergeben sind, ist ein starkes Indiz gegen Verschwörungstheorien. Einerseits sind entsprechend dem Peter-Prinzip die meisten bereits mit der normalen Tätigkeit überfordert, anderseits gieren sie auf Beförderung. Eine bessere Chance, den Beförderungsstau aufzulösen als eine gezielte Denunziation gibt es nicht. [12] Was ist eigentlich mit der hoch gepriesenen Unantastbarkeit menschlicher Würde, wenn ein Feldwebel einen Soldaten exerzieren lässt, bis ihm, Zitat: "Das Wasser im Arsch kocht"? [13] Vgl. § 109 StGB i. V. m. § 16 WStG [14] Vereinzelte Barrikaden, brennende Autos, gestürmte Bauzäune, besetzte Häuser, sind nicht mehr als die nicht-legale Ausweitung der Protestaktion. Auch ein Parksünder leistet keinen Widerstand gegen die Straßenverkehrsordnung. [15] Eine freiwillig angebahnte, privatrechtliche Interaktion muss nicht "gut" sein. Schreiben bestimmte Telefonanbieter in den Vertrag vier Seiten klein gedruckte Fallstricke hinein, sollte man diesen Vertrag auch nicht eingehen. Das gleiche gilt für bestimmte Leasinggesellschaften und ihren kleingedruckten "Scheißdreck", der nur dazu da ist, die Kunden im Zweifel austricksen zu können. Wenn trotzdem unterschrieben wird, bedarf es keiner zusätzlichen Regelung des Staates, sondern der Selbstbesinnung: Man muss nicht verstehen, was jemand schreibt, man muss nur erkennen, dass man nicht unterschreibt, was man nicht versteht. [16] Meinhof, Ulrike: "Vom Protest zum Widerstand", in: konkret 5/1968. Sie zitierte einen Diskussionsteilnehmer aus der Black-Power-Bewegung während der Vietnamkonferenz in Berlin. [17] Die diffusen, ideologischen Grundlagen der sogenannten Revolutionäre waren und sind, wie die Ideologien der gesamten (sic) Linken, Deklarationen unrechtfertigbarer Gewaltanwendung, Zwangsherrschaft und Versklavung. Das alles gibt es bereits. Dann braucht man dafür auch keine Revolution. [18] Vgl. Hans-Werner Hoppe: "Der Wettbewerb der Gauner. Über das Unwesen der Demokratie und den Ausweg in die Privatrechtsgesellschaft", Berlin 2012 [19] Vgl. auch zur Problematik einer möglichen Sezession: Lennartz, Norbert: "Der Aufmerksamkeitseffekt – der Weg der Absonderung, 16.08.2012, auf: http://www. apriorist.de/modx/blog/strategie- 203.html?PHPSESSID= 1be5d2962bdc963cf 216 659302a2c6ad
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Erstellt am 20.11.2012, zuletzt aktualisiert am 12.05.2015 Alle Rechte vorbehalten. | |